Anleihen: Auch in Deutschland höhere Zinsen

BÖRSE FRANKFURT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Renditen der Bundesanleihen steigen aufgrund der erwarteten US-Zinswende und der – zumindest vorläufigen – Beruhigung in der Ukraine.

19. September 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Dass die Schotten sich nun doch für einen Verbleib bei Großbritannien ausgesprochen haben, beruhigt die Finanzmärkte. Schottische Unternehmensanleihen, etwa von der Royal Bank of Scotland (WKN A0DG4P, A0E6C3), legen nach dem Referendum wieder zu, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft meldet. „Hauptgewinner bei den Staatsanleihen ist Spanien“, berichtet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Die Abspaltung Kataloniens sei nun kein Thema mehr. Die Rendite für zehnjährige spanische Staatsanleihen, die zwischenzeitlich auf 2,40 Prozent gestiegen war, fällt am heutigen Freitag, dem Tag nach der Volksabstimmung, auf 2,18 Prozent.

Deutsche Staatsanleihen reagierten kaum auf das Votum, der Zinstrend geht aber weiter nach oben: Während Ende August zehnjährige Papiere nur noch 0,88 Prozent abwarfen, sind es mittlerweile wieder 1,08 Prozent. „Das liegt am Zinsanstieg in den USA“, bemerkt Daniel. „Ebenfalls eine Rolle spielt, dass sich die Situation in der Ukraine zumindest nicht zugespitzt hat“, meint Brunner. Der Euro-Bund-Future notiert am Freitagmittag bei 147,93 Punkten, Ende August war noch ein Rekordhoch von 151,83 Punkten erreicht worden.

USA: die Zinswende kommt

In den USA kletterte die Rendite für zehnjährige Treasuries in dieser Woche über die Marke von 2,60 Prozent, aktuell sind es 2,63 Prozent. Die US-Notenbank Fed hatte am Mittwoch keine eindeutigen Hinweise in Sachen Zinswende gegeben und lediglich wiederholt, dass der Leitzins nach Ende des Anleihekaufprogramms noch für einen „beträchtlichen Zeitraum" sehr niedrig bleiben werde. „Besonders interessant in diesem Zusammenhang war aber, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses ihre Prognose der Leitzinsentwicklung der nächsten Jahre erhöht haben, unter anderem um 25 Basispunkte für Ende 2015“, berichtet die HSH Nordbank. „Die DekaBank hat das gut zusammengefasst“, kommentiert Brunner: „Die Zinswende kommt nicht so schnell, dafür aber um so heftiger.“

Wenig Nachfrage nach Langfristtender

In der Eurozone stieß die erste Zuteilung der neuen EZB-Billigkredite für Banken, kurz TLTRO, auf wenig Interesse. Insgesamt wurden nur Kredite in Höhe von 82,6 Milliarden Euro nachgefragt, Analysten hatten mit deutlich mehr gerechnet. „Die Märkte werteten dies als weiteres Indiz dafür, dass die EZB 2015 ein Kaufprogramm für Staatsanleihen auflegen wird“, erklärt die HSH Nordbank. Allerdings sei die Zurückhaltung auch auf die Ende Oktober anstehende Veröffentlichung der Stresstestergebnisse zurückzuführen. „Unserer Meinung nach dürfte bei der Zuteilung der zweiten Tranche des TLTRO-Programms ein wesentlich höheres Volumen in Anspruch genommen werden.“

Zahlungsausfall Venezuelas befürchtet

Rasant nach unten ging es diese Woche abermals für Venezuela-Anleihen. „S&P hat das Rating für das Land von B- auf CCC+ gesenkt, auch der Ausblick ist negativ“, erläutert Daniel. Ebenfalls zurückgestuft wurde die staatliche Ölgesellschaft Petroleos de Venezuela. Sowohl Staatsanleihen (WKN A0DZ45) als auch die Papiere des Ölkonzerns (WKN A0NRMA) verloren deutlich.

Der Preisverfall der Anleihen war zuletzt durch einen Artikel von zwei Harvard-Ökonomen, die einen Zahlungsausfall als Ausweg aus der derzeit desolaten Situation des Landes vorschlagen, beschleunigt worden.

Singulus im Tiefflug

Für Unruhe im Bereich Unternehmensanleihen sorgt am heutigen Freitag die Gewinnwarnung des Maschinenbauers Singulus. „Die Anleihe (WKN A1MASJ) ist stark unter Druck“, beobchtet Rainer Petz von Close Brothers Seydler. Aktuell kostet der Bond nur noch 66 Prozent nach 83,5 Prozent am Donnerstag. Der Anbieter von Anlagen zur Herstellung von Blu-Ray-DVDs, Solarzellen und Halbleitern kündigte gestern Abend nach Börsenschluss einen höheren Verlust für das zweite Halbjahr an. Bereits Mitte August hatten die Papiere deutlich an Wert verloren.

Außerdem gab das Papier des insolventen Peitzer Abfall-Management-Unternehmens FFK Environment (WKN A1KQ4Z) nach, wie Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank feststellt. „Am Dienstag lag der letzte Umsatz noch bei 10,60 Prozent, am Donnerstagvormittag fiel die Anleihe im Preis auf 8,10 Prozent.“ Neuigkeiten habe es aber keine gegeben.

Die Anleihe des Waffenproduzenten Heckler & Koch (WKN A1KQ5P) werde nach dem Kursrutsch Anfang September bei guten Umsätzen weiter auf dem niedrigen Niveau um die 70 Prozent gehandelt. Unter leichten Druck sei zwischenzeitlich die Nachranganleihe der TUI AG (WKN TUAG05) geraten. Auslöser sei die Ankündigung einer neuen Emission gewesen.

Stark nachgefragt war Daniel zufolge – wie bereits vor zwei Wochen – eine bis 2075 laufende Unternehmensanleihe von Bayer (AKN A11QR6) mit einem Kupon von 3 Prozent. „Das war noch vor der gestrigen Ankündigung des Konzerns, die Kunststoffsparte an die Börse bringen zu wollen und sich auf den Pharma- und Agrarchemiebereich zu konzentrieren.“

Flut an Neuemissionen

Nach der Sommerpause ist das Emissionsgeschäft wieder voll im Gange: Etwa gibt es eine neue Anleihe der Renault-Bank RCI (WKN A1ZP10) mit Zinssatz von 1,125 Prozent und Laufzeit bis September 2019. „Mit der 1.000er-Stückelung eignet sie sich auch für Kleinanleger“, erklärt Brunner. Aktuell wird der Bond zu 100 Prozent gehandelt. Neu im Handel ist außerdem eine Anleihe der DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate (WKN A12T13) mit Laufzeit von fünf Jahren, einem Kupon von 7,50 Prozent sowie Stückelung von 1.000 Euro, von der Petz berichtet.

Am 23. September, also dem kommenden Dienstag, beginnt die Zeichnungsfrist für die Mittelstandsanleihe von KSW Immobilien (WKN A12UAA), die im Entry Standard der Börse Frankfurt gehandelt werden wird. Die Anleihe im Volumen von bis zu 25 Millionen Euro läuft bis Oktober 2019 und wird zu 6,5 Prozent verzinst. Die KSW Immobilien ist eine Projektgesellschaft der KSW-Gruppe, die zur Errichtung und Verpachtung des Hotel- und Restaurantprojekts „Kosmos-Ensemble“ in Leipzig gegründet wurde.

Weiter in der Zeichnung ist die mit einem jährlichen Zins von 8 Prozent ausgestattete Anleihe von EYEMAXX Real Estate (WKN A12T37), die bis 2020 läuft.

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Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG © 19. September 2014

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