Auf Wiedersehen, Bullen!

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Erst mal was Positives, nämlich ein Zitat aus einer Agentur-Vorschau vom Wochenende: „Brexit, US-Wahl, Renzirendum: Zum Abschluss eines turbulenten Börsenjahres sehnen sich Anleger nach Balsam für ihre aufgewühlten Seelen. Diesen wird Experten zufolge die Europäische Zentralbank liefern, wenn sie in der neuen Woche die Fortsetzung ihres Wertpapier-Ankaufprogramms verkündet. Dr. Draghi verlängert die Therapie, sagt ein Banken-Volkswirt. Die Maßnahme der EZB könnte Börsianern zufolge die Grundlage für eine Jahresendrally des Dax legen.“ Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“ (Goethe, Faust I).

Sorry, Leute, ich verlasse jetzt fürs erste das Bullenlager, erstmals seit langer Zeit. Aber ich wechsle nicht gleich zu den Bären, sondern betrete neutralen Boden. Das ist keine Meinungsfeigheit. Doch sind Hirn und Bauch bei mir jetzt wie selten einig, sich nicht auf eine Richtung festzulegen. Die Spontanreaktion von Dax & Co. heute Morgen war wie das vielzitierte Tüpfelchen auf dem i. Denn sooo feste Aktien und ein starker Euro - das macht nun wirklich keinen Sinn.

Gestern konnten wir nach dem Österreich-Votum kurz aufatmen. Nach 23 Uhr folgte die Italo-Enttäuschung, die für die Mehrheit der Börsianer angeblich keine war, weil so erwartet. Wie auch immer, Europa steht dichter denn je am Scheideweg, wird für Investoren unberechenbar. Europas Börsen - speziell unser Aktienmarkt - bekommen traditionell entscheidende Impulse durch internationales Kapital. Wenn es in den Euro strömt. Aber wird das 2017 so sein? Trump-Land wächst inzwischen viel stärker als es alle vorhergesagt hatten. Und Wall Street feiert erwartungstrunken Donald, den Grotesken. Aber was haben wir Europäer zu feiern, heute und morgen? Einfach nix. Draghi wird die Stimmung nicht (mehr) nachhaltig aufhellen.

Nee, die Politik wird immer stärker die Wirtschaft durchdringen und damit auch die Börsen beeinflussen - Ihr wisst ja: Politische Börsen haben lange Beine! Weil damit die fundamentalen Faktoren zur Bewertung der Aktiengesellschaften überlagert werden, steigt der Grad der Unberechenbarkeit von Aktienkursen.

Profis, die ja längst die Peilung verloren haben, sprechen jetzt von einer Phase des „Rethink“. Okay, überdenken wir alles. Die Aktienfans unter Euch sollten sich das Hirn aber nicht verrenken. Denn auf wirklich lange Sicht (mindestens drei bis fünf Jahre) bleibt die Aktie konkurrenzlos. Bis dahin kann viel passieren, gerade bei uns in Europa. Zum zigsten Mal deshalb meine dringende Empfehlung, Positionen vorsichtshalber nach unten abzusichern und Verluste konsequent zu begrenzen! Ich weiß, wovon ich rede, denn meine Defensiv-Favoriten Nestlé und schlimmer noch mein Insulin-Liebling Novo Nordisk hat es ja bös erwischt …

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