Bescherung für Börsianer

Holger Scholze · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nun also doch
Er hat es wirklich getan. Kurz vor dem Ablauf seiner Amtszeit als amerikanischer Notenbankpräsident verkündete Ben Bernanke, dass die gigantische Geldflut etwas eingedämmt werde. Demnach wird die Federal Reserve ihr riesiges Ankaufprogramm für Staatsanleihen und Immobilienpapiere ab Januar 2014 um zehn Milliarden auf 75 Milliarden Dollar pro Monat drosseln. Und dies ist keineswegs überraschend.

Die Sache mit den Notenbankern
Wochenlang diskutierten Ökonomen, Analysten, Händler, unzählige Anleger und Hobby-Börsianer weltweit darüber, ob es nun bald zu dem schon vor Monaten angedeuteten „Tapering“ kommen werde und welche Folgen dies hätte. Nun ist das aber so eine Sache mit den Notenbankern. Denn diese sollten ja unabhängig sein und tun schon deshalb höchst selten das, was Politiker oder Marktteilnehmer erwarten oder gar von ihnen verlangen.

Das Ende der Lethargie
Insofern war die Unsicherheit unter den Börsianern zuletzt deutlich spürbar - schließlich hatten die Aktienkurse bereits stark zugelegt. Dies zeigte sich jedoch weniger in einer zunehmenden Nervosität, denn die Volatilität blieb vergleichsweise niedrig. Eher verfielen viele Anleger in eine Art Lethargie. Die Zurückhaltung drückte auf die Stimmung am Parkett und letztlich auch ein wenig die Aktienkurse. Allerdings gab der DAX im Zuge dessen von seinem am 2. Dezember erreichten Rekordstand bei 9.424 Punkten zwischenzeitlich gerade mal um insgesamt 4,5 Prozent nach. Die Skepsis wurde aber langsam größer. Die meisten Experten erteilten dabei auch der berühmten Weihnachtsrallye für dieses Jahr voreilig eine Absage. Und diese wurde auch mit der zu erwartenden Reaktion der US-Notenbank auf die zuletzt wieder besser werdenden Konjunkturdaten und Nachrichten begründet. Denken Sie an den jüngsten US-Arbeitsmarktbericht, die überraschend schnelle Einigung im Haushaltsstreit oder die Daten zur US-Industrieproduktion.
Es ist schon verrückt geworden. Gute Konjunkturdaten haben seit Monaten eher fallende Aktienkurse zur Folge, weil die Profis sofort befürchten, dass die Notenbanken nun bald das für steigende Aktienkurse so wichtige Treibmittel entziehen könnten. Nämlich das viele, frisch gedruckte Geld.

Eine Sache der Perspektive
Dabei sind wir davon noch weit, sehr weit entfernt! Selbst wenn die US-Notenbank, um bei diesem Punkt zu bleiben, ihr Wertpapierkaufprogramm bei einer Verbesserung der Wirtschaftslage weiter vorsichtig zurückfahren sollte, bliebe die Geldpolitik expansiv. Einerseits hat die Fed signalisiert, dass die Drosselung des Programms in kleinen Schritten erfolgen werde. Und andererseits liegt der Leitzins quasi bei Null. Und das wird auch noch eine ganze Weile so bleiben. Ben Bernanke versicherte am Mittwoch erneut, dass der Leitzins auch bei einer weiteren Besserung am US-Arbeitsmarkt noch lange niedrig gehalten werde, selbst wenn die Arbeitslosenquote unter den angepeilten Wert von 6,5 Prozent fallen sollte. Allein dadurch werden die Märkte schon mit frisch gedrucktem Geld versorgt. Von einer Umkehr der Geldpolitik würde ich deshalb nicht sprechen. Die Notenbanker nehmen jetzt lediglich ein wenig den Fuß vom Gas. Die Bremse treten sie deshalb noch lange nicht!

Jahresendrallye hat gute Chancen
Wie die Mehrheit der Marktteilnehmer die Entscheidung der Fed aufnehmen und verarbeiten wird, ist natürlich schwer zu beurteilen. Denn wir können alle nicht in die Köpfe der anderen Börsianer hineinschauen. Aber eines ist klar. Wir haben endlich eine Entscheidung bekommen. Und deshalb gibt es in den kommenden Wochen weniger Spielraum für Spekulationen und daraus folgenden Unsicherheiten. Im Gegenteil! Die Planungssicherheit nimmt zu und das sollte die Gemüter erst einmal beruhigen.

Drosselung zunächst um zehn Milliarden US-Dollar? Wunderbar! Vernünftig. Damit bringt man weder Unruhe in das für viele Branchen so wichtige Weihnachtsgeschäft, noch gefährdet man dadurch den erhofften Wirtschaftsaufschwung. Aber es ist ein deutliches Signal dafür, dass die Fed sich sehr eng an den aktuellen Daten orientiert und ihr die möglichen Folgen einer zu lockeren Geldpolitik selbstverständlich bewusst sind. Dies wird auch Janet Yellen als Nachfolgerin von Ben Bernanke so sehen. Insofern ist erst einmal alles gut. Und das betrachte ich als Geschenk in der Vorweihnachtswoche.

Und ich kann mich hier nur wiederholen: Aus meiner Sicht ist die Chance auf eine Jahresendrallye, die bis in den Januar hinein laufen und neue Rekordstände beim DAX mit sich bringen könnte, weiter sehr groß. Auch in den vergangenen Jahren startete sie zumeist erst in der zweiten Dezemberhälfte. Und was passiert, wenn zahlreiche Anleger plötzlich in den Markt gehen müssen, um die Verluste ihrer Short-Positionen zu minimieren, haben wir am Montag bereits gesehen. Da schloss der DAX mit einem überraschend deutlichen Plus von 1,7 Prozent. Eine solche Dynamik würde den Aufwärtstrend kurzfristig sogar noch verstärken.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen schon jetzt ein wunderschönes und besinnliches Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr 2014!

Ihr Holger Scholze

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