Brexit-Schock ebbt ab – Dax hat sich gefangen

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das Ergebnis des britischen EU-Referendums hält die Finanzmärkte weiter in Atem. Die Turbulenzen klingen zwar ab, doch die Unsicherheit bleibt hoch.

Die Folgen des Brexit-Votums ebben langsam ab. Am zweiten Handelstag nach dem EU-Referendum in Großbritannien beruhigt sich die Lage an den Finanzmärkten etwas. Nachdem der Dax am Freitag um 6,8 Prozent auf 9557 Punkten abgestürzt war, startete er mit einem Minus von rund einem halben Prozent auf etwas über 9500 Zähler in Handel. Im weiteren Handelsverlauf aber konnte sich der deutsche Leitindex sogar in die Gewinnzone vorarbeiten. Gleichwohl: Für Entwarnung ist es noch zu früh.

An den asiatischen Börsen herrschte am Montag noch immer Verunsicherung. Während die Aktienmärkte in Japan und China nach den Verlusten vom Freitag wieder in den grünen Bereich stiegen, setzten sie in anderen asiatischen Ländern ihren Abwärtstrend fort. “Die Dinge sind so ungewiss, dass Anleger noch immer keine klaren Vorstellungen haben, wie viele ihrer Risiko-Positionen sie verkaufen sollen”, sagte Hiroko Iwaki von Mizuho Securities.

Zu den Fragen, die sich die Börsianer jetzt stellen, gehört die nach den Auswirkungen des Referendums für die Konjunktur in Großbritannien und der EU. Außerdem steht die Zukunft des Finanzhandelsplatzes London infrage. Dies belastet vor allen die Kurse von Bankaktien. “Wir glauben, der Brexit könnte nur die erste Überraschung in einer Neu-Kalibrierung der der Welt sein, weg von der Globalisierung und hin zu einer mehr nach innen gerichteten Politik”, erklärte Ajay Singh Kapur von der Bank of America Merrill Lynch in Hongkong.

Fahrplan für Brexit unklar

Ganz besonders im Fokus der Anleger steht zu Wochenbeginn aber der Fahrplan für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Die Außenminister der Gründungsstaaten machten sich am Wochenende bereits für ein schnelles Verfahren stark, um einen Neuanfang in der Staatengemeinschaft zu erleichtern.

Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande haben sich dabei offenbar auf eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt, wie am Sonntagabend aus französischen Regierungskreisen zu hören war. Die Bundesregierung bestätigte ein Telefonat zwischen den beiden Politikern, verwies aber für Inhalte auf den heutigen Tag. Merkel und Hollande kommen zum Wochenauftakt in Berlin mit dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi zusammen, um über die Konsequenzen des britischen Referendums zu beraten. Zuvor stehen Gespräche mit EU-Ratspräsident Donald Tusk auf der Agenda.

Spanische Parlamentswahl erhöht Unsicherheit

Unsicherheit bringt auch die Regierungsbildung in Spanien. Dort haben die Bürger in komplizierten Zeiten zwar auf Stabilität gesetzt, indem sie dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu einem überraschend klaren Wahlerfolg verholfen haben.

Rajoys konservative Volkspartei (PP) behauptete sich bei der Neuwahl am Sonntag nicht nur als stärkste Kraft, sondern gewann entgegen den Prognosen noch Sitze hinzu. Allerdings blieb sie von einer absoluten Mehrheit erneut weit entfernt. Das Wahlergebniss dürfte vor allem an den Anleihemärkten für Gesprächsstoff sogen.

Kurzfristig erhöhte Volatilität

Im Mittelpunkt bleibt aber erst einmal der Brexit “Die Märkte werden über die kommenden Tage und Wochen hinweg die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten nach diesem Ergebnis verarbeiten”, schrieb Ritu Vohora vom Vermögensverwalter M&G Investments in einem Kommentar. Aktienmarktexperte Paras Anand von der Fondsgesellschaft Fidelity sieht es ähnlich: “Dieses Ergebnis führt zu politischer Unsicherheit, die kurzfristig erhöhte Volatilität an den Märkten mit sich bringen dürfte.” Erste Indikationen am Montagmorgen deuten auf weitere Verluste zum Wochenauftakt hin.

Nach Einschätzung der Experten der Landesbank Helaba ergibt sich nun für den Dax ein Rückschlagspotenzial bis in den Bereich zwischen 8500 und 8000 (aktueller Kurs 9577) Punkten. Hiernach bestehen allerdings wieder gute Chancen auf eine Erholung, geben sich die Experten optimistisch. Ihr Argument: Durch die fallenden Aktienkurse dürften sich attraktive Bewertungen der Unternehmen ergeben – zudem rechnen sie mit gleichzeitig steigenden Gewinnerwartungen – was Käufer in den Markt locken dürfte und die Kurse mittelfristig wieder anziehen lassen sollte.

OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Deutsche Börse

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