Dax startet Erholungsversuch - Brexit-Unsicherheit bleibt hoch

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

10 Prozent hat der Dax seit dem Brexit-Votum verloren. Heute geht es wieder aufwärts. Die Unsicherheit bleibt aber hoch. Ob der heutige EU-Gipfel etwas Klarheit bringen kann?

Die Nachwehen des Brexit bereiten Investoren weiter Kopfschmerzen. Nachdem verunsicherte Anleger die Aktienmärkte gestern erneut tief ins Minus geschickt haben, startet der Dax heute zwar einen Erholungsversuch. Das EU-Referendum im Vereinigten Königreich und die damit verbundene Unsicherheit sind aber weiterhin das bestimmende Thema an den Börsen.

Der Dax legte zu Handelsbeginn am Dienstag um fast 2 Prozent auf rund 9450 Punkte zu zu. Angesichts der zehnprozentigen Verluste der vergangenen beiden Handelstage scheint das jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Allein gestern hatte der deutsche Leitindex drei Prozent auf 9269 Punkte verloren. Auch an der Wall Street gaben die US-Indizes deutlich nach. Der Dow Jones beendete die Sitzung 1,5 Prozent und der Nasdaq 2,4 Prozent tiefer. Der S&P 500 verlor 1,8 Prozent. Das Pfund Sterling fiel zeitweise auf ein 31-Jahres-Tief von 1,3122 Dollar. Auch an der Wall Street

Der Euro und das britische Pfund haben sich am Dienstag allerdings etwas von ihrem Einbruch nach dem Brexit-Schock erholt. Am Morgen kostete die europäische Gemeinschaftswährung 1,1060 US-Dollar und damit einen halben Cent mehr als am späten Vorabend. Ein Pfund war mit rund 1,33 Dollar etwa einen Cent mehr wert als am Montagabend.

Ungewissheit über weiteren Weg

Angesichts der unveränderten Unsicherheit über die Folgen der britischen Brexit-Entscheidung bleiben Börsianer allerdings vorsichtig. Der qualvolle Ausstiegsprozess könnte wochen- oder gar monatelang auf den Märkten lasten, sagte Marktstratege Michael McCarthy vom Broker CMC Markets.

Deutschland, Frankreich und Italien pochen auf rasche Verhandlungen über einen EU-Austritt Großbritanniens. Vorab-Vereinbarungen mit London erteilten Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande sowie der italienische Regierungschef Matteo Renzi eine Absage.

Der britische Premierminister David Cameron dagegen wies Forderungen nach umgehenden Verhandlungen zurück. Offizielle Austrittsgespräche sollten erst aufgenommen werden, wenn Großbritannien eine Entscheidung über die Art seiner künftigen Beziehung zur EU getroffen habe, sagte er vor dem Parlament in London.

EU-Gipfeltreffen nach dem Brexit-Votum

Auf einem EU-Gipfel in Brüssel will der britische Premier Cameron heute den übrigen 27 EU-Staaten seine Vorstellungen für einen Austritt des Landes aus der Union erläutern. Der Gipfel beginnt am Nachmittag. Zuvor kommt das Europaparlament zu einer Sondersitzung zusammen, in der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker reden wird.

Nach dem Nein der Briten zu Europa nehmen die Konservativen und Christdemokraten im EU-Parlament Cameron in die Pflicht. “Von Premier Cameron erwarten wir, dass er beim Gipfel Klarheit schafft, wie es nach dem Referendum weitergehen soll”, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU).

Ebenfalls zu einer Sondersitzung kommt am Vormittag der Bundestag zusammen, in dem Kanzlerin Merkel eine Erklärung zum Brexit-Votum abgeben wird. Im Vorfeld plädierte sie für einen konsequenten, aber besonnenen Umgang mit Großbritannien. Sie verwies darauf, dass das Land weiterhin Partner in der Nato und den internationalen G7- und G20-Formaten sei.

Abstufung durch Ratingagenturen

Die Ungewissheit über den weiteren Weg nach dem EU-Referendum hat indes bereits Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit Großbritanniens. Die großen US-Ratingagenturen haben das Land gestern abgestraft. Standard & Poor’s (S&P) erkannte Großbritannien die Top-Kreditwürdigkeit ab; die Bonität des Landes wurde von der besten Bewertung “AAA” um zwei Stufen nach unten auf “AA” herabgestuft. Fitch nahm die Bonitätseinstufung von “AA+” auf “AA” zurück. Bei beiden Ratingagenturen ist der Ausblick negativ.

Die Abstufung sei darauf zurückzuführen, dass das Brexit-Votum “die Vorhersehbarkeit, die Stabilität und die Effektivität der politischen Prozesse in Großbritannien” schwächen werde, so S&P. Zudem seien Auswirkungen auf die britische Wirtschaft und die Staatsfinanzen zu erwarten.

OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Deutsche Börse

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