Die Zuckungen der Zocker

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Hoffentlich habt Ihr Euch gestern Abend mal den Tageschart vom Dax angeguckt. Unruhiges Torkeln der Aktienkurse ist ja nix Besonderes mehr - ich habe mich an dieser Stelle schon oft über das richtungslose Auf und Ab mokiert. Es schreckt einfach die braven Mitbürger ab, leider! Denn genau aus diesem Grund sagen viel zu viele Deutsche „Aktien? Nein, danke! Die Kursschwankungen zeigen doch, wie riskant Aktien sind.“ Ach ja.

Gestern war es halt besonders krass. Der G. war schuld, klar, was sonst. Journalisten und ihre Gesprächspartner versuchten vergeblich, Tendenzen zu erkennen und zu begründen. Jeder gibt doch spätestens seit der vergangenen Woche seinen Senf zu „Hellas“ (das klingt cool und gebildet, ist vor allem aber kürzer als „Griechenland“). Ein Konkurrenzkampf um die Mikrofone hat begonnen, an dem sich nicht nur die Politiker, mediengeile Volkswirte und die Journalisten selbst beteiligen, sondern alle, einfach alle. Ich weiß, es klingt vielleicht albern und sinnlos - aber es würde mich echt interessieren, wie viele Menschen auf unserem Erdball seit dem Wochenende das Wort Griechenland in den Mund genommen haben.

Immerhin kommen inzwischen immer mehr „Experten“ dahinter, dass es nicht nur um die armen Griechen geht, sondern dass als Folge dieses Krisendramas das Fortbestehen des ganzen Vereins Europa e.V. gefährdet wird. Außerdem geht es nicht nur um unglaubliche zig-Milliarden Euro, sondern um hochpolitische strategische Fragen (deshalb sind die Amis auch so kribbelig). Die formulieren Strategen so: Was wird aus der südöstlichen Nato-Flanke, wenn Hellas zusammen- und wegbricht?

Die gestrigen Kurszuckungen waren mit Sicherheit nicht das Ergebnis solcher Gedanken. Es war auch nicht so, als hätte sich die Meldungslage alle paar Minuten verändert. Nee, ich behaupte: Der Aktienmarkt ist wieder mal ein Spielball institutioneller Zocker und ihrer Algorithmen. Da blickt keiner mehr durch. Und es verhindert, dass man über den Tellerrand der Tagessuppe gucken kann. Nicht Bullen und Bären mit einer gattungstypischen Kampfpose (= Börsenmeinung) beherrschen das Feld, sondern nervöse Rein-Raus-Trader.

Übrigens: Heute vor 25 Jahren trat die deutsch-deutsche Währungsunion in Kraft. DDR-Bürger im Alter von 14 bis 58 Jahren konnten bis zu 4.000 Ostmark eins zu eins in D-Mark tauschen, über 58 Jahre alte Ostdeutsche bis zu 6.000 Ostmark. Die Einführung der D-Mark wurde von der Bevölkerung in der ehedem sowjetischen besetzten Zone gefeiert. Was aber wäre aus 4.000 DM bis heute geworden, hätte man den Geldbetrag damals angelegt (nur so’n Gedanke)? Unser Bankenverband hat’s mal ausgerechnet. Wer 1990 4.000 DM (umgerechnet 2.045 €) mutig in Aktienfonds mit deutschen Standardwerten investiert und bis heute nicht angetastet hätte, könnte inzwischen über einen Betrag von im Schnitt mehr als 10.000 € verfügen. Sein Einsatz hätte sich gut verfünffacht. Das entspricht einer jährlichen Rendite von ca. 7 Prozent. Die bei vielen Deutschen beliebten offenen Immobilienfonds schnitten dagegen weniger attraktiv ab. Hier hätte sich das Geld im Verlauf der vergangenen 25 Jahre im Schnitt auf etwa 6.500 € gut verdreifacht. Bei Rentenfonds wären, je nach Schwerpunkt des Fonds, bis zu etwa 8.000 € möglich gewesen. Die niedrigste Rendite brachte freilich das Sparbuch (wer sonst!). Seit 1990 haben sich Geldbeträge auf Sparkonten, die nicht angerührt wurden, mit Zins und Zinseszins bis heute allenfalls verdoppelt.

Zu guter Letzt: Folgt bitte nicht dem Deutschbank-Chef-Anlagestrategen Stephan, der in seinem Morgenbrief feststellt: „Der Griechen-Thriller bleibt so spannend, dass insbesondere Aktienanleger schon Fingernägel kauen.“ Nee, guckt lieber weiter zu, setzt langfristig weiter auf Aktien und Immobilien - und behaltet kühlen Kopf (vielleicht auch mit einem größeren Pott Italo-Eis …)!

boersenfuchs@onvista.de

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