Euro bald wieder bei 1,40 US-Dollar?

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Es war für alle Marktteilnehmer eigentlich eine ausgemachte Sache, dass der Euro auf Parität zum US-Dollar fällt. Goldman Sachs, die Investmentbank mit dem wohl glanzvollsten Namen, prognostizierte inmitten des Abwärtstrends sogar einen Kurs von 0,80 für das Verhältnis der beiden Währungen. Ausgangslage für die Prognosen und Erwartungen waren vor allem die unterschiedliche Notenbankpolitik und Zinserwartungen.

Yellen wollte bremsen - Draghi unbegrenzt Gas geben

Vor ein paar Wochen war die Situation noch klar. In Europa würde mittels Anleihekäufe Geld gedruckt und die Euromenge erhöht, in den USA sollte es nach vielen Jahren die ersten Zinsanhebungen geben. So waren EZB-Chef Mario Draghi und Fed-Chefin Janet Yellen zu verstehen. Damit war eines klar. Es gibt einen neuen Carry-Trade. Im Euro Geld leihen, und höher verzinslich im US-Dollar anlegen. Und wenn das entsprechend viele machen, dann sind die Währungsgewinne noch attraktiver als der Zinsunterschied. Doch zuletzt hat das Bild Schrammen bekommen. Die US-Wirtschaftsdaten beginnen zu schwächeln und es stellt sich die Frage, ob ohne Anleihekäufe durch die Notenbanken nichts mehr geht, ein selbsttragender Aufschwung also nicht zu entfachen ist.

Die Handelsbilanz spricht für den Euro

Noch bleibt offen, ob die jüngste Schwäche der US-Wirtschaft nur auf das schlechte Wetter im ersten Quartal zurück zu führen oder ob sie hausgemacht und womöglich schon auf den für die US-Wirtschaft zu starken Dollar zurück zu führen ist. Denn bei den bullischen Dollar-Prognosen hat niemand bedacht, dass die Handelsbilanz der USA bereits bei Kursen von rund 1,40 zum Euro tiefrot war. Zuletzt ist sie auf 51 Milliarden gestiegen und damit so hoch wie seit 2007 nicht. Kurse von 0,80 wie die „Goldmänner“ sie prognostizieren, wären diesbezüglich der Overkill für die US-Wirtschaft. Auf der anderen Seite steht Europa, dass dank Deutschland Überschüsse erzielt und nur Deutschland betrachtet jüngst den höchsten Außenhandelsüberschuss der Geschichte erzielt hat.

Korrektur oder Trendwende?

Das ist die entscheidende Frage. An den Märkten wird sie noch nicht diskutiert. Da hat der massive Verfall des Euro so stark den Glauben von der Parität in die Köpfe der Devisenakteure gemeißelt, dass die Erholung der Gemeinschaftswährung nur als Aufwärtskorrektur im Abwärtstrend gesehen wird. Nun waren die Wirtschaftsdaten in der Eurozone zuletzt überraschend gut. Zusammen mit sich weiter erholenden Ölpreisen könnte die Inflation in der Eurozone schneller in Richtung zwei Prozent laufen als so mancher glaubt. Dann wäre auch die ultralockere Geldpolitik der EZB plötzlich endlich, während die restriktive der FED in Frage stünde. Setzt sich diese Einsicht durch, wird es unter den Short-Spekulanten im Euro ein Blutbad geben. Dann wären in einer Übertreibung sogar wieder 1,40 EUR/USD vorstellbar.

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