Europa oder Amerika – ist das die Frage?

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Heute mal Null-Medienkritik und keine Warnung vor Volatilität. Dass wir vor einer extrem spannenden, vielleicht dramatischen EZB-Woche stehen, wisst Ihr ja. Außerdem habt Ihr einen Haufen Aktien in Eurem Depot (Gewinne laufen lassen!).  Schieben wir also mal die aktuellen Diskussionen der Börsianer kurz beiseite und setzen das politische Fernglas auf. Grund: Es geht wieder richtig los - die Krisen-Kassandras machen uns Angst, weil alte Euro-Probleme neu hochkochen. Schuld sind die „Grexit“-Diskussion vor der bevorstehenden Griechenland-Wahl und der total überraschende Ausstiegsschock durch die Eidgenossen. Dass unsere Währung gegenüber dem Dollar längst (und wohl noch weiter) abspeckt, passt den Bedenkenträgern ganz gut in den Kram, obwohl ein schwacher Euro der Wirtschaft ja gut tut.

Am Wochenende gab’s dazu jede Menge besorgter „Experten“-Stimmen und düstere Schlagzeilen: EU-Kommissar Günther Oettinger warnt vor Neuaufflammen der Euro-Krise, warnt eindringlich vor einer dunklen Zukunft Europas - Athen jetzt weniger zahlungsfähig als vor der Rettung - Schweiz springt vom sinkenden Schiff - Franken-Wette geht nicht auf - Hedgefonds macht dich - Deutsche Bank erlebt Franken-Desaster usw.

Woher kommt eigentlich Europa? Na klar, aus Griechenland. Denn nach der griechischen Mythologie ist das der Name einer phönizischen Königstochter, die der geile Obergott Zeus in Stiergestalt schwimmend nach Kreta entführte und dort verführte. Bei uns lässt sich Europa ebenfalls am weitesten in die altgriechische Sprache zurückverfolgen: zusammengesetzt aus „weit“ und „Sicht, Gesicht“, daraus abgeleitet „die [Frau] mit der weiten Sicht“.

Deshalb: Man muss einen weiten Horizont haben, um bei Kapitalanlagen auf Europa zu setzen - trotz aktueller Turbulenzen. Ihr stehe zu Europa, unverändert. Wir dürfen die Welt nicht den Amis überlassen. Und es dauert einige Monate, bis wir Wechselkurs- und Ölpreisfolgen richtig spüren werden. Hey, Geduld ist angesagt!

Ich verstehe aber auch die Schwarzseher, die befürchten, dass aus Europa nix werden kann, weil wirtschaftlich angeschlagen, politisch hilflos und dann noch im Brennpunkt zwischen Ost und West. Dann lieber an die Wall Street: Die Amis haben einfach mehr Power, kommen immer wieder auf die Beine, haben die stärkste Wirtschaft und eine feste Währung und sind weit weg von den großen Krisenzentren. Manche US-Fans bekennen voll überzeugt: „Hier kann passieren was will, in Amerika ist mein Geld sicherer, ist da besser angelegt.“

Strich drunter: Das alles erinnert mich an die alte Empfehlung aus China, nicht dauernd nach dem Motto „Entweder, oder“ zu denken, sondern lieber nach „Sowohl, als auch“ zu handeln. Jo. Das isses. Ich kann mir nicht vorstellen, entweder alles hier zu lassen oder alles übern großen Teich zu verschiffen. Unabhängig von Kursentwicklungen, KGVs und Konjunkturverläufen - Europa und Amerika, beide also, bleiben für mich die Säulen in einem Aktiendepot.

boersenfuchs@onvista.de

Meistgelesene Artikel