Hört auf Draghi!
Hallo Leute! Wenn Mario Draghi spricht, hören Märkte und Medien genau hin. Selbst unsere Regierung und die Parlamentarier. Auf jedes Wort, jede Andeutung und was er zwischen den Zeilen sagt. Letzte Woche ging’s mal nicht in erster Linie um neue geldpolitische Beschlüsse, sondern mehr um die Proteste aus dem politischen Lager und die Folgen der EZB-Maßnahmen für die Bevölkerung. Das Interview der „Bild“-Zeitung fand auch bei den anderen Medien interessierte Resonanz - mal ehrlich: Der oberste Währungshüter hat seinen Kurs ganz gut verteidigt, aber eigentlich nix Neues von sich gegeben.
Ich greife das Interview trotzdem auf, weil er sich darin auch direkt an die Bürger wendet: „Die Lage der Sparer ist uns sehr wohl bewusst. Und nicht nur in Deutschland müssen Sparer mit niedrigen Zinsen leben. Aber die Zinsen sind niedrig, weil das Wachstum gering ist und weil die Inflation zu gering ist. Denken Sie an die Alternative: Wenn wir die Zinsen jetzt anheben, ist das schlecht für die Wirtschaft, würde Deflation und Rezession auslösen und die Arbeitslosigkeit erhöhen.“
Draghi ist ja clever. Und deshalb verweist er auch darauf, dass der „reale“ Zins - also der Zins minus aktueller Inflationsrate - gar nicht so niedrig sei und höher liege als im Durchschnitt der 90er-Jahre. Zu der Zeit hatte man zwar höhere Zinsen auf dem Sparbuch, aber zugleich meist Inflation, die weit darüber lag und alles auffraß - der Zins habe damals also nur auf den ersten Blick gut ausgesehen, in Wahrheit seien die realen Erträge aber viel geringer gewesen als derzeit. Clever.
Aber dann spuckt der EZB-Chef das aus, was die teutonischen Kontensparer von anderer Seite schon oft gehört haben, ohne aber zu reagieren: „Die Sparer haben es mit ihren Anlageentscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen, auch in Zeiten niedriger Zinsen. Die Sparer müssen ihre Geld nicht nur auf dem Sparbuch anlegen, sondern haben auch andere Möglichkeiten.“ Jo!
Draghi steht nicht allein da. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank gegen Angriffe aus der Politik verteidigt: „Es ist Aufgabe der Notenbanken, die Menschen vor Inflation zu schützen. Eine Mindestrendite für Sparer können sie nicht versprechen“, sagte Weidmann am Freitag in München. Und dann folgen ähnliche Argumente, aber noch andere Vergleichszahlen: Die Geldentwertung durch Inflation sei gegenwärtig so gering, dass die reale Verzinsung von Spareinlagen über null liege und damit höher als in den 1970er-Jahren und auch in den Jahren 2011 bis 2014.
Hallo, das soll keine Aufforderung sein, weiter den Sparstrumpf zu füllen! Denkt vor allem an die von Draghi erwähnten „anderen Möglichkeiten“! Er hat übrigens nix zu seiner privaten Anlagestreuung gesagt (geht uns auch nix an). Ich behaupte einfach mal, dass Mario auch ein Aktienfan ist.
Post an den Börsenfuchs: boersenfuchs@onvista.de