Macht’s wie die Ausländer!

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Hallo, Leute! Gestern Abend habe ich mich unter die akademischen Gäste des Deutschen Aktieninstituts gemischt. Das DAI hatte zu seinem Jahresempfang geladen. Präside Werner Baumann, hauptberuflich Bayer-Vorstand, nutzte die Gelegenheit für kritische Töne zu unserem Aktienmarkt - nee, da ging es nicht um Kurse, sondern um die wirklich Besorgnis erregende Tatsache, dass seit Jahren die Zahl der börsennotierten Aktiengesellschaften schrumpft, und zwar ganz schön deutlich! Und das, obwohl viele deutsche Weltmarktführer gerade als Aktiengesellschaften erfolgreich geworden sind. Baumann wörtlich: „Deshalb dürfen wir uns mit sinkenden Zahlen börsennotierter Unternehmen und immer weniger Börsengängen nicht abfinden.“ Zugleich, sagt der Börsenfuchs immer wieder, muss was gegen das Falsch-Sparen der überängstlichen Bundesbürger getan werden.

Jetzt sind neue Zahlen raus und jetzt stürzen sich auch die Medien-Heinis drauf. Ich predige ja schon seit Jahr und Tag, wie stark Dax & Co. von der Beteiligung der Ausländer abhängig sind. Und die (meist Briten und Amis) reiben sich die Hände, dass ihr bei uns investiertes Kapital immer wertvoller wird. Mehr als jede zweite Aktie der Dax-Unternehmen liegt in Depots ausländischer Investoren. Aktionäre aus Deutschland hielten im Geschäftsjahr 2014 nur noch 36 Prozent der Aktien, im Vorjahr waren es 37 Prozent - 8 Prozent der Aktien können keiner Region zugeordnet werden. Damit ist der Anteil ausländischer Investoren weiter gestiegen: von 54 auf 56 Prozent. Das geht aus einer Untersuchung von EY hervor - EY (früher Ernst & Young) ist eine der drei großen Prüfungs- und Beratungsorganisationen. Bei sechs Dax-Unternehmen sind sogar mehr als 70 Prozent der ausgegebenen Aktien in ausländischer Hand (Deutsche Börse, Linde, Infineon, Lanxess, Bayer und Merck), insgesamt 21 Unternehmen sind zu mindestens 50 Prozent im Besitz ausländischer Aktionäre. Den geringsten Anteil ausländischer Aktionäre weisen Henkel, BMW und Lufthansa auf. Die EY-Experten sind überzeugt, dass der Anteil der internationalen Investoren im laufenden Jahr noch weiter steigen wird.

Das ist übrigens auch ein Grund, meine Freunde, warum ich den sogenannten „Home Bias“ bei der Aktienanlage gegen die Kritiker verteidige, die dauernd vom „breiten Streuen“ reden. Für die Bevorzugung von heimischen Werten, die man besser kennt als ausländische (weil man einfach näher dran ist), gibt’s halt gute Gründe. Ein Teilaspekt ist der Mittelstand, um den man uns weltweit beneidet. Anlagetechnisch steht er zu unrecht oft etwas im Schatten vom Standard-Dax. Das belegt eine neue Analyse von Morningstar, einer ganz bedeutenden, unabhängigen Research- und Ratinggesellschaft im Fondsbereich. Unternehmen aus der zweiten Reihe werden von Anlegern vernachlässigt, obwohl ihre Performance auf lange Sicht besser ist als die von Standardwerten! Bei Small und Mid Caps müssen Anleger allerdings eine „Nervenprämie“ bezahlen. Empfehlung: Bitte mal die überschaubare Zahl von ETFs auf MDax, TecDax und SDax vergleichen - sind attraktive Anlagealternativen!

Noch eine aktuelle Veröffentlichung: Der Bankenverband hat aus aktuellem Anlass mal die wichtigsten Fakten zum Thema Steuern auf Kursgewinne aus Aktien zusammengestellt. Lobenswert, denn angesichts der Rekordkurse denkt so mancher Aktienanleger an Gewinnmitnahmen. Dabei stellt sich die Frage: Verdient Vater Staat mit? Na klar, aber es kommt auf den Zeitpunkt des Aktienkaufs an. Seit dem 1. Januar 2009 gilt für Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren zwar grundsätzlich die ärgerliche Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Das gilt jedoch nur, wenn die Papiere nach 2008 erworben wurden. Wer dagegen „Altbestände“ verkauft, die er vor dem 1. Januar 2009 erworben hat, kann die daraus erzielten Kursgewinne unbegrenzt steuerfrei einnehmen. Wenn Ihr aber nach 2008 eingestiegen seid, gibt es zumindest einen kleinen Trost: Ihr könnt steuerpflichtige Kursgewinne mit in der Vergangenheit entstandenen Verlusten verrechnen.

boersenfuchs@onvista.de

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