Dax kann von starker Wall Street nicht mit getragen werden – Glyphosat-Ärger für Bayer wohl doch noch nicht vorbei, Stratec wird abgestraft, Dürr profitiert von Kaufempfehlung

onvista · Uhr

Europas Börsen haben sich am Freitag von der Rekordwelle der Wall Street nicht mitreissen lassen. Gewinnmitnahmen und ein stärkerer Euro bremsten Dax und EuroStoxx50. Der deutsche Leitindex verlor ein halbes Prozent auf 13.033 Punkte.

Auf Wochensicht machte das Börsenbarometer jedoch 2,1 Prozent gut. Neuer Schwung für die US-Aktienmärkte kam am Donnerstag von der US-Notenbank (Fed), die mit ihren strategischen Änderungen den Weg für anhaltend niedrige Zinsen bereitete. „Mit der massiven Flut an billigem Geld bleiben Aktien weiterhin sehr attraktiv, trotz der zahlreichen Unsicherheiten“, sagte Marktexperte Milan Cutkovic vom Handelshaus Axitrader. „Die Party an der Wall Street könnte somit noch eine Weile weitergehen.“ Die US-Indizes S&P 500 und Nasdaq eilen von einem Rekord zum nächsten und steuern auf den besten August seit 34 Jahren zu. Europas Börsen hinken derweil deutlich hinterher. Anlass zur Vorsicht gab am Freitag unter anderem das wegen der steigenden Corona-Neuinfektionen in Deutschland eingetrübte Konsumklima.

Euro profitiert von FED-Plänen – Edelmetalle im Aufwind

Außerdem lastet der stärkere Euro vor allem auf den stark exportabhängigen Dax-Unternehmen. Der Strategieschwenk der Fed drückte auf den Dollar. Der Euro legte im Gegenzug in der Spitze um 0,8 Prozent zu auf 1,1917 Dollar und notierte damit so hoch wie seit neun Tagen nicht mehr.

Der schwächere Dollar kam dem in der US-Devise notierten Gold zugute. Eine Feinunze kostete mit 1967 Dollar rund zwei Prozent mehr. Nicholas Johnson, Fondsmanager bei der Vermögensverwaltung Pimco, hält weitere Kursanstiege für möglich: „Trotz der zuletzt kräftigen Aufwärtsbewegung des Goldpreises halten wir das Edelmetall nach wie vor für attraktiv bewertet – es ließe sich gar als günstig bezeichnen –, wenn man die historisch niedrigen Realzinsen bedenkt.“

Auch der Kupferpreis profitierte vom schwächeren Dollar und kletterte um bis zu 1,3 Prozent auf 6709,50 Dollar je Tonne. Damit stand er so hoch wie seit Mitte 2018 nicht mehr. „Die Lager leeren sich, und die Fundamentaldaten sehen ziemlich gut aus“, sagte Colin Hamilton, Chefanalyst bei BMO Capital Markets.

Banken-Werte gefragt

Am Aktienmarkt waren Bankaktien gefragt. Der europäische Branchenindex gewann 1,7 Prozent. Titel von BNP Paribas, HSBC und Banco Santander legten bis zu 3,6 Prozent zu. „Wenn die Fed mit ihrer Politik Erfolg hat, dürften die Zinsen wohl nicht viel weiter sinken“, prognostizierten die Experten von BCA Research. „In diesem Fall dürften Wertaktien wie Finanzwerte Wachstumspapiere wie Techaktien überholen, bei denen die Liste der Risiken immer länger wird.“

Ganz oben im Dax standen mit einem Plus von 1,6 Prozent die Papiere des Rückversicherers Münchener Rück. In der Schweiz waren Swiss Re und Zurich ebenfalls gesucht, nachdem Hurrikan Laura im Bundesstaat Louisiana nicht so stark wütete wie befürchtet.

Glyphosat-Ärger für Bayer noch nicht vorbei

Um rund 2,7 Prozent abwärts ging es für die Bayer-Aktien. Im Rechtsstreit wegen des angeblich krebserregenden Unkrautvernichters Glyphosat bemängelte der zuständige US-Bezirksrichter Vince Chabria Fortschritte bei dem Milliarden-Vergleich. Ein Händler sagte, das seien schlechte Nachrichten für Bayer. Bayer selbst erklärte hingegen, die Umsetzung eines Vergleichs dieser Größenordnung verlaufe häufig holprig.

Nach einem Verkaufsvotum von Warburg Research weiteten die Aktien von Stratec ihre Vortagesverluste massiv aus. Mit einem Minus von fast 17 Prozent waren sie klares Schlusslicht im Nebenwerteindex SDax. Der vom Konkurrenten Abbott Laboratories entwickelte billige Covid-19-Schnelltest, der kurz vor der Zulassung steht, sei eine große Bedrohung für Hersteller von Labortechnik für klassische Tests, argumentierte Warburg-Analyst Michael Heider.

Die Aktien von Dürr reagierten mit einem Kursplus von gut zwei Prozent auf eine Kaufempfehlung der Baader Bank. Im frühen Handel hatten sie den höchsten Stand seit Anfang März erklommen. Der Markt unterschätze das Gewinnerholungspotenzial des Unternehmens, schrieb Analyst Peter Rothenaicher. Dürr sei zwar stark von der Covid-19-Krise betroffen, doch inzwischen sei der Tiefpunkt in puncto Nachfrage und Ergebnis überwunden.

Eine Verkaufsempfehlung der US-Investmentbank Morgan Stanley lastete auf dem Kurs von Thyssenkrupp. Die Papiere des Stahl- und Industriekonzerns büßten mehr als zwei Prozent ein.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: anathomy / Shutterstock.com

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