Curevac: Mit dem Corona-Impfstoff soll Profit erzielt werden – So sehen die Zukunftsaussichten für den Börsen-Neuling aus

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Das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac hat einen fulminanten Start auf dem Parkett der Technologiebörse Nasdaq hingelegt. Der Entwickler ist einer der weltweiten Hoffnungsträger bei der Suche nach einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2. Was bei dem Unternehmen los ist, was die Analysten sagen und wie die Aktie sich entwickelt:

So ist die Lage des Unternehmens

Mit dem Börsengang am 14. August will Curevac Geld für die Entwicklung des Corona-Impfstoffs sammeln, doch die höhere Aufmerksamkeit soll dem schwäbischen Biotech-Unternehmen auch bei der Fachkräftesuche helfen. Der Börsengang von Curevac ist brutto rund 245 Millionen Dollar schwer. Curevac wurde die zunächst 13,3 Millionen Anteilsscheine für jeweils 16 Dollar los – am oberen Ende der veranschlagten Preisspanne. Weitere bis zu knapp zwei Millionen Papiere konnten die Zeichner der Aktien kurzfristig zusätzlich ordern. Die Platzierung war zwölffach überzeichnet.

Kurz nach dem Börsenstart in New York gab das Unternehmen bekannt, sein Personal und seine Produktionskapazität deutlich ausbauen zu wollen. „Wir müssen wachsen“, sagte Curevac-Vorstandsmitglied Franz-Werner Haas dem „Schwäbischen Tagblatt“. „Es gibt bei uns die Planung, rund 200 neue Arbeitsplätze zu schaffen, größtenteils hier am Standort“. Curevac hatte Ende Juni 484 Beschäftigte. Bis auf 13 in den USA arbeiteten sie alle in Deutschland.

Für das nötige Geld ist zumindest kurzfristig gesorgt: Bei der Aktienplatzierung in den USA fließen Curevac mehr als 200 Millionen Dollar zu. 150 Millionen Dollar sollen davon in die Entwicklung, 50 Millionen Dollar in den Aufbau der Produktionskapazität fließen. Finanzchef Pierre Kemula betonte aber, dass mit dem Börsengang der Bedarf an frischem Kapital noch lange nicht gedeckt sei. „Wir werden uns immer nach zusätzlichen Finanzierungsquellen umsehen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Als Biotech-Firma ohne signifikante Umsätze sei Curevac das gewohnt. Curevac verbuchte im vergangenen Jahr einen Verlust von knapp 100 Millionen Euro bei rund 17,5 Millionen Euro Umsatz.

Und auch mit dem aktuell in der Entwicklung befindlichen Impfstoffkandidaten will Curevac Gewinne für die Eigentümer erwirtschaften. Anders als die Pharmakonzerne Astrazeneca und Johnson & Johnson, die im Rahmen großer Vorbestellungen von EU- und US-Behörden angekündigt hatten, zumindest während der Pandemie keinen Gewinn mit möglichen Impfstoffen anzustreben.

„Wir können das nicht zum Selbstkostenpreis machen“, sagte Curevac-Manager Kemula kürzlich im Interview der „Financial Times“. „Wir haben Investoren, die seit zehn Jahren Geld in das Unternehmen stecken, also sollte es eine kleine Rendite für sie geben.“Curevac geht davon aus, dass vom eigenen Impfstoffkandidaten womöglich kleinere Dosen verabreicht werden können als bei Konkurrenten. „Das würde uns einen wettbewerbsgerechten Preis ermöglichen, mit dem wir noch eine gewisse ethische Marge erzielen könnten“, sagte Kemula dem Blatt. Wie hoch die Marge sein würde, wollte der Manager der Zeitung nicht verraten.

Der Corona-Impfstoff von Curevac ist derzeit in einer Phase-1-Versuchsreihe, deren Ergebnisse im Schlussquartal dieses Jahres vorliegen sollen. Aktuell testet Curevac das Mittel hauptsächlich in Europa. In der nächsten Versuchsrunde mit 20.000 bis 30.000 Personen will die Firma auch nach Südamerika, Afrika und Asien gehen. Es ist geplant, diese größere Testreihe Mitte 2021 abzuschließen. Dann könnte es auch in einigen Ländern außerordentliche Genehmigungen geben, den Impfstoff zu verabreichen.

Zudem schloss das Unternehmen kürzlich Sondierungsgespräche mit der EU-Kommission über einen Vorab-Kaufvertrag ab. Nach den Plänen sollen alle EU-Mitgliedstaaten bis zu 225 Millionen Dosen erhalten. Zusätzlich ist eine Option auf den Zukauf von weiteren 180 Millionen Dosen vorgesehen. Diese werden laut Curevac bereitgestellt, sobald sich der Impfstoff als sicher und wirksam gegen das Coronavirus erwiesen hat. Ähnliche Vorgespräche über Hunderte Millionen Dosen hatte die EU-Kommission zuvor bereits mit Janssen Pharmaceutica NV sowie mit Sanofi-GSK abgeschlossen. Mit dem Pharmaunternehmen Astrazeneca liegt bereits ein Rahmenvertrag für den Kauf von 300 Millionen Dosen mit der Option auf weitere 100 Millionen vor.

Einer der Curevac-Investoren, die sich von den beabsichtigten Verkäufen eine Rendite versprechen dürften, ist SAP-Mitgründer Dietmar Hopp. Dieser hatte zum Börsengang nochmals 100 Millionen Dollar investiert. Er wird nach dem Börsengang mit einem Anteil von knapp unter 50 Prozent auch weiter die Kontrolle über das Unternehmen behalten. Die staatliche Förderbank KfW kommt dann noch auf knapp 17 Prozent und der Pharmakonzern GlaxoSmithKline auf gut 8 Prozent. An der Börse werden nun knapp zehn Prozent der Anteile gehandelt.

Anfang März hatte US-Präsident Donald Trump den damaligen Curevac-Chef Dan Menichella und weitere Pharmavertreter ins Weiße Haus eingeladen, um sich über die Impfstoffsuche zu informieren. Kurz darauf gab es Wirbel um die baden-württembergische Firma: Medienberichte, wonach Trump versucht habe, den Impfstoff exklusiv für sein Land zu sichern und dafür einen hohen Betrag angeboten habe, sorgten für Empörung. Danach stieg der Bund ein. „Wir standen im Mittelpunkt eines politischen Sturms“, sagte Finanzchef Kemula. Ein Angebot von Trump habe es aber nicht gegeben.

So läuft die Aktie

Die Curevac-Papiere legten auf dem New Yorker Parkett einen Schnellstart hin. Der erste Kurs lag am 14. August mit etwas mehr als 44 US-Dollar weit über dem Ausgabepreis des Papiers von 16 Dollar. Bis Handelsschluss ging es bis auf 55,90 Dollar hoch – ein Plus von rund 250 Prozent. Dies war die beste Ersttags-Performance einer US-Börsennotierung in diesem Jahr. In den Tagen danach ging es dann weiter steil nach oben: Spitzenwert 85 Dollar. Derzeit wird der Kurs wieder deutlich tiefer gehandelt bei 67,20 Dollar, trotzdem steht seit dem Börsenstart ein Plus von 320 Prozent auf dem Zettel.

Derzeit kommt Curevac demnach auf eine Marktkapitalisierung bei Bloomberg von 11,83 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das ebenfalls an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs beteiligte Mainzer Biopharma-Unternehmen Biontech kommt nach einer Verdopplung des Aktienkurses seit Jahresanfang auf derzeit 17,4 Milliarden Dollar. Biontech feierte sein Börsendebüt in New York bereits im Oktober 2019 mit einem Ausgabepreis von 15 Dollar, derzeit wird die Aktie mit 73 Dollar gehandelt.

Das sagen die Analysten

Aufgrund spezieller Regelungen wird es nach dem erst kürzlich erfolgten Börsengang noch einige Monate dauern, bis sich Marktexperten offiziell zu den Aussichten für die Anteilsscheine von Curevac äußern werden.

Der rasche Anstieg des Curevac-Kurses sollte aus Sicht von Beobachtern jedoch mit Vorsicht genossen werden: Es spiegele sich eine aufgestaute Nachfrage nach Biotechs in dem Kurssprung wider, so ein Branchenkenner. Von den fünf Biotechs, die sich am ersten Handelstag verdreifacht hätten, würden drei derzeit deutlich tiefer notieren, gab er zu bedenken.

Jared Holz vom Analysehaus Jefferies verglich die Kurssprünge verschiedener Biotech-Unternehmen mit dem Boom von Marihuana-Aktien vor zwei Jahren: Trotz der Tatsache, dass es klare Unterschiede gebe, glaube er, dass man nahe am Höhepunkt der Faszination sei. Aus Sicht von Holz dürften künftig Genehmigungen und Markteinführungen vor dem Hintergrund der bereits hohen Bewertungen nicht mehr als bahnbrechend wahrgenommen werden.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: PopTika / Shutterstock.com

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