Vonovia: „Unser Angebot an Deutsche Wohnen-Aktionäre ist optimal“

onvista · Uhr

Vonovia greift nach der Deutschen Wohnen. Doch der Rivale wehrt sich verbissen. OnVista sprach mit Vonovia-Finanzvorstand Stefan Kirsten über die aktuellen Entwicklungen.

Seit Monaten tobt auf dem deutschen Immobilienmarkt eine milliardenschwere Übernahmeschlacht. Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia möchte die Deutsche Wohnen übernehmen. Die Nummer zwei der Branche stemmt sich jedoch mit aller Kraft gegen die Offerten des Konkurrenten. Vonovia kommt so bei der Übernahme nur langsam voran.

Wie der Dax-Konzern am Dienstag mitteilte, liege die Annahmequote derzeit bei rund 27,7 Prozent. Die Annahmeschwelle hat Vonovia jüngst auf 44 Prozent gesenkt und die Annahmefrist für die Aktionäre bis zum 9. Februar verlängert. Das Unternehmen ist dennoch zuversichtlich, am Ende erfolgreich zu sein. OnVista sprach mit Vonovia-Finanzvorstand Stefan Kirsten über aktuelle Entwicklungen im Übernahmekampf, die Perspektiven des Unternehmens und über die Aktionärs-Politik des Dax-Konzerns.

Herr Dr. Kirsten, angenommen, ein Privatanleger möchte Ersparnisse in Höhe von 5000 Euro am Aktienmarkt langfristig investieren. Wieviel Geld sollte er in Aktien von Vonovia stecken und warum?

Aus aktuellem Anlass - die Annahmefrist läuft ja noch bis 9. Februar – möchte ich diese Frage gerne aus Sicht der Aktionäre der Deutschen Wohnen beantworten: Wenn diese Fusion zustande kommt, erhalten Aktionäre der Deutschen Wohnen bereits für 2015 unmittelbar nach unserer Hauptversammlung am 12. Mai 2016 eine um 60 Prozent höhere Dividende, und zwar von umgerechnet 85 Cent je Aktie. Zudem steigt die Ertragskraft: Für das gemeinsame Unternehmen erwarten wir einen um mehr als 27 Prozent höheren FFO1 pro Aktie, das ist vergleichbar mit dem operativen Cashflow pro Aktie. Ebenso überzeugend: Die von uns erwarteten Synergien ergeben eine Wertsteigerung von 1,9 Mrd. Euro, daran beteiligen wir die heutigen Deutsche Wohnen und zukünftigen Vonovia Aktionäre zu 70 Prozent. Ein sehr gutes Geschäft für diejenigen Aktionäre, die unser Angebot annehmen werden.

Vonovia wird seit September 2015 im Dax gehandelt - als erstes Immobilienunternehmen der deutschen Börsengeschichte. Das ist auch ein Zeichen für die gewachsene Attraktivität des deutschen Immobiliensektors. Was macht den hiesigen Immobilienmarkt so interessant?

Vor allem die guten Aussichten: Die Nachfrage nach Wohnungen wird noch lange hoch bleiben, dafür sorgen die Zuwanderung, die demografische Entwicklung und unverändert gute Aussichten für Einkommen und Beschäftigung. Die Nachfrage wird insbesondere in unserem Segment - bezahlbare Wohnungen in attraktiven Lagen - weiter ansteigen. Hinzu kommt: In anderen europäischen Ländern sind die Kaufpreise stärker gestiegen und sie waren auch deutlich volatiler als in Deutschland. Somit sehen viele Investoren Deutschland als Hort der Stabilität an - auch aufgrund der Mietsicherheit, die der Staat bietet.

In den letzten zehn Jahren bewirtschaften etliche Unternehmen unserer Branche den Wohnraum zunehmend systematischer und professioneller. Auch dadurch wird das Geschäftsmodell wenig schwankungsanfällig, die Cashflows in der Immobilienbranche sind stabil und gut kalkulierbar, ebenso ist es die jährliche Dividende.

Immobilienaktien sind also eine ausgezeichnete Möglichkeit, schon mit kleinen Beträgen in Immobilien zu investieren - gerade für Anleger, die Sicherheit schätzen. Zu relativ geringen, dafür aber vollkommen transparenten Nebenkostenstrukturen sind Aktien börsentäglich handelbar. Ebenso wichtig für Anleger zu wissen ist: Die Ausschüttungen werden bei uns und auch bei einigen anderen Immobilien-Aktiengesellschaften ohne Abzug von Kapitalertragsteuer ausgezahlt.

Manche Beobachter warnen allerdings vor einer Blase auf dem deutschen Immobilienmarkt. Wie schätzen Sie die Gefahr ein?

Diese Gefahr sehen wir nicht. Hier nur einige der Gründe: Im internationalen Vergleich haben sich die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland moderat entwickelt, gefährliche Preisblasen gab es in Deutschland bislang nicht. Zudem verringern die restriktive Kreditvergabe und Zinsbindungsfristen von zehn Jahren das Risiko einer Immobilienblase. Deutschland ist nach wie vor ein Mietermarkt, auch das wirkt stabilisierend auf den Wohnungsmarkt. Und Deutschland bietet nicht nur die Big 7-Standorte, sondern Immobilien, die über das ganze städtische Spektrum verteilt sind.

Von den jüngsten Entwicklungen auf dem deutschen Immobilienmarkt hat sicherlich auch Ihr Unternehmen profitiert. Vonovia ist mittlerweile das mit Abstand größte Wohnungsunternehmen in Deutschland. Wo sehen sie das Ende ihres Expansionskurses?

Wir haben zu jedem Portfolio mit mehr als 1.000 Wohnungen eine qualifizierte Meinung, stehen aber unter keinerlei Zeitdruck extern zu wachsen; wir agieren opportunistisch im Markt. Auch unser Angebot an die Aktionäre der Deutschen Wohnen ist eine solche unternehmerische Chance.

Dabei haben wir strikte Akquisitionskriterien, und jedes Portfolio, das bei uns auf den Tisch kommt, wird auf den strategischen Fit abgeprüft. Letztendlich kaufen wir nur, wenn Preis, Lage und Entwicklungspotenzial stimmen. Wir behalten immer im Blick, dass wir für unsere Aktionäre Mehrwert schaffen und wir unsere Größenvorteile konsequent ausspielen können, zum Nutzen übrigens nicht nur der Aktionäre, sondern auch der Mieter.

Wir verfolgen diese Strategie seit 2013 konsistent, und sie basiert längst nicht nur auf Akquisitionen. Mit unserem umfangreichen Modernisierungsprogramm in den wichtigen Bereichen „Energieeinsparung“, „Altersgerechtes Wohnen“ und „Flächenschaffung“ haben wir eine nachhaltige und in unserer Kontrolle stehende Quelle internen Wachstums. Dazu kommen innovative Produkte und Dienstleistungen für unsere Kunden.

Unabhängig davon, wie schnell wir wachsen: Wir sind und bleiben das führende Wohnungsunternehmen in Deutschland, sind mittelfristig das einzige Immobilienunternehmen im DAX 30, und wir sind bundesweit in attraktiven Regionen aufgestellt.

Ihr Unternehmen wächst vor allem durch Übernahmen rasant. In rascher Folge haben Sie das Konkurrenzunternehmen GAGFAH geschluckt, dann die Süddeutsche Wohnen, kürzlich die IVV Immobiliengruppe, nun soll die Deutsche Wohnen folgen. Auf welche Hürden sind sie bei der Integration ihrer Zukäufe gestoßen?

In unserem Unternehmen gab es eine Zeitlang die Idee, alle Wohnungen aus Bochum zentral zu bewirtschaften. Das hat nicht funktioniert, Mieter wollen und brauchen Ansprechpartner vor Ort. Die haben wir inzwischen wieder eingeführt, wir nutzen aber die bundesweiten IT-Strukturen, die damals aufgebaut wurden. Unsere bundesweite Plattform ist jederzeit skalierbar, siehe zum Beispiel die Gagfah: Dieses Unternehmen ist seit dem 1. Januar 2016 vollständig integriert und alle Mitarbeiter sind geschult. Wir waren sogar schneller, als wir angenommen hatten. Nach mittlerweile fünf Integrationen jeder Größenordnung haben wir sehr viel Routine. Für Aktionäre bemerkenswert: Wir konnten höhere Synergien realisieren als wir anfangs kalkuliert hatten.

Der beabsichtigte Kauf der Deutschen Wohnen soll durch eine Kapitalerhöhung finanziert werden. Die Aktionäre haben dafür zwar grünes Licht gegeben, die Zustimmung war mit 78 Prozent aber eher knapp. Begeisterung scheint der Expansionskurs nicht auszulösen.

Sehen Sie es mal so: Das war nahezu eine Punktlandung! Schließlich müssen wir die Interessen der Vonovia-Aktionäre und der Aktionäre der Deutschen Wohnen ausbalancieren. Wäre die Zustimmungsquote auf unsere Hauptversammlung höher ausgefallen, wäre das ein Zeichen gewesen, dass die Vonovia-Aktionäre den besseren Deal machen. Jetzt wissen wir, dass unser Angebot an die Deutsche Wohnen-Aktionäre optimal ist.

Warum haben Sie dann die Annahmefrist verlängert und die Mindestannahmeschwelle herabgesetzt?

Wir hatten zunächst einen Sicherheitspuffer eingebaut, aber auf unserer Roadshow erfahren, dass wir die erste Annahmeschwelle senken können, weil uns in der zweiten Frist weitere Aktien angedient werden. Dadurch wird die Annahmefrist automatisch bis 9. Februar verlängert. Das Angebot insgesamt bleibt unverändert, wir haben lediglich die Transaktionssicherheit erhöht. Wichtig ist aber: Die Aktionäre der Deutsche Wohnen müssen unser Angebot bis zum 9. Februar annehmen, und nicht, wie von der Deutschen Wohnen fälschlich behauptet, erst in der Nachfrist. Diese entsteht ja erst durch das Erreichen der ersten Annahmeschwelle.

Übrigens hat sich Norges, mit rund 7 Prozent drittgrößter Investor bei der Deutsche Wohnen, öffentlich dafür ausgesprochen, dass Vonovia die Deutsche Wohnen übernimmt. Als Kenner des Immobilienmarktes in Berlin und Deutschland investiert Norges langfristig und kann die strategischen Perspektiven beider Unternehmen sehr gut bewerten. Das Fazit des Staatsfonds ist eindeutig: Vonovia und Deutschen Wohnen haben gemeinsam die besseren Wachstumsperspektiven.

Die Deutsche Wohnen hat Ihnen jüngst weitere Hindernisse in den Weg gelegt – wie schwierig wird die Übernahme dadurch?

Mit der Ankündigung, sich vorzubehalten, den Inhaber von Wandelanleihen statt Aktien Bargeld zu geben, hat der Deutsche Wohnen-Vorstand die Inhaber der Wandelanleihen sehr verärgert - schließlich war dieser Gruppe erst vor acht Wochen angekündigt worden, dass es Aktien gibt.

Das war eine Aktion, die kurzfristig Unsicherheit gebracht hat, um von der Attraktivität unseres Angebots abzulenken. Dennoch haben die Bondholder an den bereits mit uns geschlossenen Tender Agreements festgehalten. Nach eingehender Prüfung ist jetzt klar: Die Barzahlung für Wandelschuldverschreibungen der Deutschen Wohnen ist gar nicht mehr zulässig. Das bedeutet, dass die Tender Commitments für das Erreichen der Mindestannahmeschwelle ausnahmslos zu berücksichtigen sind. Also heißt das im Fazit: An unserem attraktiven Angebot hat sich nichts geändert.

Seit der Aufnahme in den Dax steht Vonovia noch stärker im Fokus der Anleger. Welche positiven Folgen hat die Aufnahme in den deutschen Leitindex gehabt? Der Aktienkurs zumindest konnte bislang nicht profitieren.

Erst einmal ist es eine unternehmerische Leistung innerhalb so kurzer Zeit in den DAX aufzusteigen: Wir haben innerhalb eines Jahres unseren Cashflow je Aktie signifikant gesteigert, ein besseres Rating erhalten und das Risiko für unser Geschäft weiter reduziert. Die Aufnahme in den Kreis der 30 großen Börsenunternehmen führt dazu, dass wir stärker in das Blickfeld generalistisch orientierter Investoren rücken. Die Wahrnehmung am Kapitalmarkt nimmt zu, die Liquidität der Aktie ebenso. Wir stellen mit unserer bundesweiten Präsenz und unserem stabilen Geschäftsmodell eine langfristige, attraktive Anlage dar.

Was sagen Sie einem Anleger, der im Frühjahr 2015 Vonovia-Aktien hat, und nun immer noch auf einen Kursverlust von rund 25 Prozent blickt?

Natürlich können wir uns den Entwicklungen an der Börse - Stichwort Eurokrise, VW, China - nicht vollständig entziehen. Aber wir sind ein Garant für langfristig stabile Renditen: Wer seit unserem Börsengang im Sommer 2013 unsere Aktien hält, hat seitdem deutlich profitiert: Unsere Dividende ist um 40 Prozent, unser Kurs um 77 Prozent gestiegen.

Kursentwicklung ist das eine, für viele Anleger fast noch wichtiger ist die Dividende. Ihr Unternehmen hat sich eine aktionärsfreundliche Dividendenpolitik auf die Fahne geschrieben. Was können Anleger sich davon erhoffen?

Wesentliche Kennzahl in unserer Branche ist der operative Cashflow oder FFO1 je Aktie, also quasi die freie Liquidität aus dem operativen Geschäft unter Ausschluss von Sondereffekten. Unser Ziel ist es, etwa 70% dieses FFO als Dividende auszuschütten. Für das abgelaufene Jahr 2015 haben wir bereits €0,94 avisiert, die der Hauptversammlung 2016 vorgeschlagen werden sollen. Gemessen am aktuellen Kurs ist das eine Dividendenrendite von rund 3,7%. Das ist ein sehr guter Wert in unserer Branche.

Es ist unseres Erachtens auch eine unternehmerische Pflicht, den Eigentümern regelmäßig Geld zurück zu geben, wenn man es selbst operativ nicht benötigt.

OnVista/Foto: Vonovia SE

Meistgelesene Artikel