Vorsicht! Der (DAX-)Kessel ist momentan zu heiß!

Holger Scholze · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Kaufdrang nach Aktien ist verständlicherweise sehr groß. Menschen, die den Wert ihrer Ersparnisse wenigstens erhalten wollen, finden kaum Alternativen zu dieser Anlageform. Zumal gerade bei Aktien aus dem DAX eine attraktive Dividendenrendite lockt. Aktuell ist aber viel zu viel Druck auf dem heißen DAX-Kessel. Daran könnte man sich leicht verbrennen. Oder anders ausgedrückt: Es fehlt nur ein Tropfen, der den Topf erst einmal zum überlaufen bringt...
Notenbanken bestimmen das Geschehen
Wie an dieser Stelle mehrfach ausgeführt, sorgen die enormen Mengen frischen Geldes weltweit für Aufsehen. Es ist vollkommen klar, dass bei den niedrigen Zinsen und riesigen Wertpapierkaufprogrammen der Notenbanken Aktien immer beliebter werden, auch wenn die überwiegende Mehrheit der Deutschen sich immer noch davor scheut. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ab März monatlich(!) 60 Milliarden Euro in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Das Programm soll mindestens bis September 2016 laufen. Damit hat es eine Gesamtsumme von mindestens 1,14 Billionen Euro. Das ist eine unvorstellbar große Summe. Und möglicherweise wird diese noch größer, wenn die Inflationsdaten bis zum Herbst des nächsten Jahres nicht spürbar anziehen. Die US-Notenbank (Fed) hat ihr drittes Wertpapierkaufprogramm zum Ende des vergangenen Jahres auslaufen lassen und nun warten viele Experten auf eine erste Zinsanhebung in diesem Jahr. Und davon gehen auch immer noch die meisten Marktteilnehmer aus. Die jüngsten Konjunkturdaten sprechen allerdings eine andere Sprache. Zwar erholt sich die US-Wirtschaft weiterhin moderat, aber längst nicht in dem Tempo, welches viele erwartet haben. Das Bruttoinlandsprodukt kletterte im vierten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um solide 2,6 Prozent. Ökonomen hatten aber mit einem Wachstum von 3,1 Prozent gerechnet, nachdem es im dritten Quartal noch 5,0 Prozent waren. Oder schauen wir auf die Auftragseingänge in der Industrie. Die gingen im Dezember erneut zurück. Und zwar mit 3,4 Prozent viel deutlicher, als von Analysten mit 1,8 Prozent vorhergesagt. Im Vormonat waren es 1,7 Prozent, nachdem diese Zahl nach unten revidiert wurde. Fed-Chefin Janet Yellen hat derzeit also überhaupt keinen Druck, die Zinsen bald anzuheben. Und wenn die Mehrheit der Börsianer dies irgendwann als Tatsache annimmt und die Zinswende in den USA möglicherweise erst für das Jahr 2016 erwartet, dann würde dies natürlich die Aktienkurse an der Wall Street zusätzlich nach oben treiben. Kurzfristig „überkauft“ Dies alles und noch mehr spricht dafür, dass der DAX in diesem Jahr Kurse erklimmen wird, die deutlich über der 11.000er Marke liegen. Aber kurzfristig halte ich den deutschen Aktienmarkt für „überkauft“. Allein im Januar legte der DAX um neun(!) Prozent zu. An solch einen enormen Anstieg zu Jahresbeginn kann ich mich in meinen 25 Jahren an der Börse nicht erinnern. Und dabei hat es in dieser Zeit so einige Turbulenzen gegeben... Diese Überhitzung muss sich zunächst abbauen, bevor der DAX auf gesunde Art und Weise weiter klettern kann. Irgendein für die Börsianer unangenehmes Thema, und sei es im Vergleich zur Ukraine-Krise oder der angespannten Lage in Griechenland noch so unbedeutend, könnte nun jederzeit zu einer größeren Welle kurzfristiger Gewinnmitnahmen führen. Die Nervosität ist stark gewachsen. Denn es liegt auf der Hand, dass der DAX durch seine rasante Rallye weitaus korrekturanfälliger geworden ist, als noch vor ein paar Wochen. Bisher kaufen viele Anleger bereits bei kleinen Schwächephasen des Marktes nach. Eine Reihe von Investoren ist bei der „Party“ bisher auch noch nicht dabei gewesen und will nun auch mitmischen. Wenn es derart im Bauch kribbelt, geht oft die Vernunft verloren. Dabei wäre es angebracht, etwas geduldiger zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass das deutsche Börsenbarometer bald viel attraktivere Einstiegskurse bieten wird. Sehr wahrscheinlich ist für mich ein Rückgang bis auf 10.500 Punkte. Sollte dann die Furcht vor weiteren Kursverlusten überwiegen, wäre auch der Bereich bei 10.300 Zählern denkbar. Kurzfristig wirkende größere Belastungsfaktoren könnten den DAX durchaus nochmal unter die 10.000er Marke drücken. Dies wäre dann eine stärkere Korrektur. Die bisher letzte dieser Art ist erst wenige Monate her... Also bleiben Sie geduldig, besonnen und auf der Hut! Ihr Holger Scholze

Neueste exklusive Artikel