Warum denn vor den Zinsen zittern?

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Ruhig Blut! Lasst Euch von dem Geschwätz in den Medien nur nicht verrückt machen. Lese ich gestern Abend in Handelsblatt-online: Börse New York - Griechischer Schuldenstreit drückt Gewinne. Nachdem die US-Anleger zu Wochenanfang noch in Jubelstimmung waren, war am Dienstag Ernüchterung angesagt. Der Streit um Griechenlands Schulden drückte die US-Börsen in die Verlustzone. Wie bitte, Wall Street soll Angst vor den Chaos-Hellenen haben? Und bei n-tv-online: Wall Street schmiert ab. Dax muss heute kapitulieren.  Was ist los mit dem Dax? So genau kann das heute keiner sagen. Fest steht nur: Es geht wieder bergab.  Zwar gebe es keinen direkten Anlass für den Rückschlag, meinte ein Händler (dessen Achselzucken  kann man förmlich lesen). Angesichts der schon wieder aufgebrochenen Griechenland-Krise  (die war doch überhaupt noch nicht verheilt) und der außenpolitischen Spannungen mit Russland  (die stehen zurzeit eher im Hintergrund) mache sich aber Unbehagen breit. Daneben treibe die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA Investoren in Dollar-Anlagen.

Ich will das verkrampfte Gelaber über Gründe und Anlässe von Tagestendenzen an den Börsen hier nicht weiter kommentieren. Immerhin hat mal einer zugegeben, dass niemand weiß, warum die Kurse so waren wie sie waren. Und als Meckerer über die Medien finde ich auch die Zusammenfassung abgefahren „Fest steht nur: Es geht wieder bergab.“ Jetzt wisst Ihr, meine Freunde, was abgeht! Im Ernst: Erstens ist bisher nix passiert, nicht einmal ein „Rücksetzer“, der den Namen auch verdient. Zweitens ist es ziemlich wurscht, was der Auslöser war - Dow und Dax sind einfach überreif für eine Verschnaufpause, die zugleich Kurskorrekturen bringt. Stellen wir also fest, es hat Gewinnmitnahmen gegeben.

Nicht mehr aus dem Auge verlieren dürfen wir neben den bekannten Bedrohungen die Zinsdiskussion über die Fed. Denn von diesem Thema geht offenbar wachsende Nervosität aus. Bleibt der US-Leitzins historisch niedrig (0,0 – 0,25 Prozent), kommt die Zinswende wie ursprünglich erwartet im Sommer, vielleicht schon früher, oder doch erst später? Moderne Börsenmenschen haben ein total kurzes Gedächtnis und merken (sich) nicht, dass sie schon seit mehr als einem Jahr immer wieder zu zittern beginnen, wenn es um Lady Yellen und ihr Zinsorakel geht - also etwa alle zwei Wochen. Ein gewisser Charles Evans aus ihrem Team (Fed-Chicago) hat sich gerade für Abwarten bis nächstes Jahr ausgesprochen. Kollege Richard Fisher (Fed-Texas) irritierte kurz darauf nicht nur die Wall-Street-Boys mit der Mahnung, die Fed solle angesichts eines schon deutlich erholten Arbeitsmarktes nicht zu lange mit der geplanten Erhöhung der Leitzinsen warten. Ja, was denn nun?

Im Gegensatz zu uns in Europa wird die Zinswende bei den Amis kommen, etwas früher oder etwas später. Und die Profis grübeln immer öfter, was das für die Börsen bedeutet. Ist die Party dann wirklich over? Bye-bye Aktien-Rally? Wie lang und intensiv die Reaktion dann sein wird, weiß kein Mensch (und auch kein Fuchs). Eines kommt beim Grübeln oft zu kurz: Zinswende = nicht das Ende der Niedrigzinsphase! Es wird gaaanz langsam in Richtung Normalität gehen, Bonds sind noch lange keine Konkurrenz für die Aktien. Außerdem steigen die Zinsen ja nur dann, wenn die Wirtschaft brummt. Deshalb: Sollte am Aktienmarkt unmittelbar vor oder während der US-Zinswende Verkaufspanik ausbrechen, könnt Ihr Euch über die Sonderangebote von Dow und Dax freuen. Kaufkurse. Wenn sonst nix Schlimmes passiert.

boersenfuchs@onvista.de

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