Wirtschaft 2040: Die Welt und Deutschland

Fundresearch · Uhr (aktualisiert: Uhr)

„Die Finanzkrise hat ihre Spuren hinterlassen. Während Deutschland und die USA sich relativ zügig wieder erholen konnten, dauert es in anderen Ländern um einiges länger“, sagt Michael Böhmer, Chefökonom und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Prognos AG, auf der FondsConsult Investmentkonferenz am Tegernsee. „In Griechenland spricht man auch von einer verlorenen Generation. Die Wirtschaftsleistung je Einwohner ist um mehr als 25 Prozent eingebrochen.“ Bis 2034 brauche das Land noch, um wieder an dem Niveau von 2008 anzuknüpfen. „Italien braucht noch bis 2025. Der Aufholprozess in Europa ist also noch nicht vorbei.“

Bis 2040, so der Ökonom, werde Deutschland jedoch seine Wachstumsführerschaft aufgeben. Andere Länder wie die USA dagegen können sich langfristig dynamisch entwickeln: „Die Bevölkerung in den USA wird weiter wachsen und relativ jung bleiben; das sind gute Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum.“ Ganz anders sieht es für China aus: „China wird in den 2030er Jahren auf ein Wirtschaftswachstum von vier bis fünf Prozent sinken. Das Thema Alterung spielt dort eine große Rolle, als Folge der Ein-Kind Politik. Das Land steht vor einem massiven demographischen Problem.“ Diese demographischen Entwicklungen ermöglichen es dem Experten verlässliche langfristige Prognosen zu erstellen: „Die Demographie hat ein extrem langes Gedächtnis. Kurzfristig sind diese Entwicklungen sehr schwer zu ändern.“ Auch die osteuropäischen Länder haben ein bisher wenig beachtetes demographisches Problem, weiß Böhmer. „Sie haben vermehrt mit Abwanderung, einer geringen Geburtenrate und einer starken Alterung zu kämpfen.“

Auch in Deutschland könnten bis 2040 etwa 15 Prozent des heutigen Arbeitsvolumens aufgrund der Alterung der Bevölkerung wegfallen. „Selbst wann man hinzurechnet, dass Menschen später in Rente gehen und Frauen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Jahresarbeitszeiten steigen, wird das Arbeitsvolumen 2040 immer noch um rund zwei Prozent unter dem Niveau von 2014 liegen.“ Nichtsdestotrotz, dank technologischen Fortschritts, vor allem durch die Nutzung einer Reihe von Schlüsseltechnologien, werde das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in Deutschland um 50 Prozent ansteigen. Dringend Handlungsbedarf sieht der Prognos-Experte aber beim Thema Fachkräftemangel: „Die Arbeitsnachfrage wird bis 2040 zurückgehen, das Arbeitsangebot sinkt jedoch noch stärker. Dadurch entsteht eine Lücke von rund 3,5 Millionen Fachkräften. Der Mangel wird aber weniger bei den Akademikern, als bei den Facharbeitern zu beobachten sein.“ Ob das Thema Digitalisierung dazu führen wird, dass immer weniger Arbeitskräfte benötigt werden, sei nicht eindeutig zu klären. „Es ist nicht abschließend geklärt, ob die Digitalisierung tatsächlich die Produktivität so stark anhebt, dass dadurch eine neue Phase der Unterbeschäftigung droht. Wir erwarten das nicht.“

(TL)

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