Woher kommen „Bulle und Bär“?

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Auch ein „Bulle“ wie ich ist erstaunt, wie „bullish“ der Aktienmarkt ins Wochenende gegangen ist. Und heute nach Ifo gleich über 9.800! Immer mehr Börsianer halten jetzt eine Jahresschluss-Rally für ziemlich wahrscheinlich. Mein Näschen sagt mir: Sie hat bereits begonnen. Und sie kann den Dax, der ja seit Monaten hinter dem Dow herhinkt, wieder in die Nähe seiner Höchststände hieven, vielleicht noch darüber hinweg. Es ist der „Draghi-Effekt“, den die Finanzjournalisten inzwischen immer öfter beschreiben. Man könnte auch sagen: Aktienrendite statt Negativzinsen. Na endlich! Ich werde übrigens immer wieder darauf angesprochen, wie es zu den Begriffen „Bulle“ und „Bär“ gekommen ist. Hey, glaubt nur nicht, das wäre die Idee der Frankfurter Börse gewesen mit den fetten Bronzetieren auf dem Vorplatz - die ganze Geschichte ist viel älter. Nur welche?

Alle haben was mit kämpfen zu. Manchmal liest man sogar, die Börse sei ein Schlachtfeld, weil sich Optimisten (Haussiers) und Pessimisten (Baissiers) in pausenlosem, unerbittlichem Kampf gegenüber stehen. Na ja, klingt voll martialisch. (ein interessantes Wort, weil vom antiken Kriegsgott Mars abgeleitet). Nicht aus dem Lateinischen, sondern von den Amis kommt der Bulle („Bull“) als Sinnbild für die Optimisten und der Bär („Bear“) als sein Gegenspieler. Das ist am Wahrscheinlichsten. Ursprünglich ging es um Longhorn-Bullen gegen Grizzly-Bären. Die Spanier hatten im Zuge ihrer Landnahme im heutigen Lateinamerika, die im 16. Jahrhundert begann, den Stierkampf als Kulturgut in diesen Teil der „neuen Welt“ gebracht. So gelangte der Stierkampf auch nach Mexiko. Als geeignete Tiere wurden spanische Bullen mit besonders langen und ausgeprägten Hörnern eingeschifft, später in Amerika „Longhorns“ genannt. Sie gelangten zum Teil in Freiheit und vermehrten sich vor allem in Texas, das bis 1845 zu Mexiko gehörte. Die Mexikaner haben den ursprünglichen Kampf zwischen Mensch und Stier im Laufe der Zeit abgewandelt, indem sie den Menschen durch einen Grizzly-Bären ersetzten. Voll etabliert hat sich der Kampf Longhorn gegen Grizzly, als die Goldgräber in Kalifornien in ihrer Freizeit Zerstreuung suchten. Die Veranstalter ketteten einen Bären mit begrenztem Bewegungsspielraum an einen Pfosten inmitten einer Arena und ließen dann einen Bullen auf ihn los. Mal gewann der Bulle, indem er den Bären mit gesenktem Kopf auf die Hörner nahm und ihn in die Höhe schleuderte. Mal gewann der Bär, indem er den Bullen mit einem Prankenschlag von oben zu Boden streckte. Sehr populär, so kann man nachlesen, soll dieses tierfeindliche Schauspiel auch auf damaligen Volksfesten geworden sein. Es geht also um die Körperbewegungen im Kampf: Der Bulle kämpft von unten nach oben, der Bär von oben nach unten.

Ob’s stimmt oder nicht - es hört sich jedenfalls ziemlich plausibel an. Ich empfehle Euch, meine Freunde, bleibt für Aktien weiter „bullish“! Aber passt auch in Zukunft gut auf, denn es gibt aktuell genügend „bearishe“ Argumente. Draghi allein erntet ja nicht nur Beifall. Und wenn Europas Konjunktur trotz EZB den Bach runter gehen sollte, werden die „Bären“ zuschlagen!

boersenfuchs@onvista.de

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