Zeit zum Schwitzen

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Vor dem „Schicksalstag“, wie verantwortliche Politiker das Griechen-Referendum nennen, lässt die Lust zum Handeln spürbar nach. Dazu die Wetterlage: viel zu heiß. Auch an den Börsen ist also Schwitzen angesagt. Und Füchse wie ich mögen an solchen Tagen vor allem Schoko- und Nuss-Eis, der Farbe des Fells angepasst. Apropos: Die bekannt sprachkreativen Jungs (und Mädels) von Telebörse online haben gestern Nachmittag faunatechnisch wieder mal voll daneben gepackt, denn sie formulierten als Überschrift eines Marktberichts: „Dax lässt die Flügel hängen.“ Häh, Fell oder Federn? Ich werde mich bei meinem Vetter Dachs erkundigen. Ach ja, als Illustration haben die Redakteure das Bild von einem blauen Schmetterling dazu gestellt (der seine Flügel gerade mal nicht hängen lässt).

Jetzt haben die Börsen-Fuzzies auch Zeit, wieder über das Zinsthema nachzudenken - neue Arbeitsmarktdaten liefern den Stoff. Und wenn du als privater Anleger inzwischen gelernt hast, dass diese Statistiken für die Amis (und ihre Notenbanker) besonders wichtig sind, und wenn du dann die Berichte dazu einschließlich der Analystenstellungnahmen liest - dann weißt Du hinterher, dass Du nix weißt!

„Vollbeschäftigung in USA in Sicht - Zinswende naht“, meldete Reuters. Denn die Arbeitslosenquote ist im Juni auf 5,3 Prozent und damit auf das niedrigste Niveau seit rund sieben Jahren gefallen, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag. mitteilte. Die Zahl der neuen Stellen stieg allerdings nur um 223.000 und damit weniger stark als von Experten erwartet. Dann wird ein „Star-Investor“ wie folgt zitiert: „Doch auch wenn die Job-Zahlen eher durchwachsen sind, wird die Federal Reserve die Zinsen wohl im September anheben.“ Na also. Wir ja auch langsam Zeit. Doch dann heißt es weiter: Viele Börsenhändler rechnen mittlerweile erst für Anfang 2016 damit, dass die Notenbanker um Fed-Chefin Janet Yellen die Zinszügel anziehen. „Grund zur Skepsis ist, dass der jüngste Rückgang der Arbeitslosenquote einen Haken hat: Denn er signalisiert keinen stärkerer Stellenaufbau.“ Und dann wirst du erst richtig irritiert: „Obwohl die Wirtschaft zu Jahresbeginn geschrumpft war, hält Fed-Vizechef Stanley Fischer sie mittlerweile für stark genug für eine baldige Zinswende.“

Eine gute Stunde vorher, gleiche Nachrichtenagentur: „Die überraschend schwachen US-Arbeitsmarktdaten haben Anleger am Donnerstag vorübergehend auf andere Gedanken gebracht. Neu aufflammende Spekulationen um die US-Geldpolitik drängten an den Finanzmärkten die Griechenland-Krise in den Hintergrund [ … ] Bislang gilt bei Börsianern September als wahrscheinlichster Zeitpunkt für die lange erwartet Zinserhöhung.“ Ja, was denn nun? Und wenn Ihr dazu noch mehrere Meinungen von Analysten konsumiert, seid Ihr erst Recht nicht klüger als zuvor.

Das Ganze hat auch sein Gutes. Denn dass eine heftige (Über-)Reaktion der Finanzmärkte (einschl. Aktienkurse!) auf die Fed-Wende nichts ausgeschlossen werden kann, beschäftigt Vordenker schon seit langem. Je länger man freilich über den Zeitpunkt des ersten Zinsschritts nach oben diskutiert, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinswende ihren Schrecken für die Börsen verliert. Das ist wichtig, denn die Notenbanker wollen alles andere als neue, gefährliche Marktturbulenzen, wenn die Zinsnormalisierung beginn.

Bleibt also cool, meine Freunde, auch wenn’s gerade jetzt schwerfällt! Irgendwas Neues zu planen, lohnt sich voraussichtlich erst am kommenden Montag.

boersenfuchs@onvista.de

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