Gestalter der Elektromobilität, von der Börse gemieden – Langfristanleger wittern Chancen

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2 Frauen heben ablehnend ihre Hände Aktien

Egal ob Batterie oder Brennstoffzelle, einen Elektromotor – oder, besser gesagt, einen elektrischen Antriebsstrang – braucht jedes Elektroauto. Manche verbauen auch zwei oder sogar vier dieser durchzugsstarken Maschinen. Da die Elektromobilität nun dabei ist, schnell Marktanteile zu erobern, müssten Lieferanten entsprechender Technologie zu den großen Gewinnern gehören.

Aber weit gefehlt. Aktien von Zulieferern wie Vitesco (WKN: VTSC01), Schaeffler (WKN: SHA015) oder Valeo (WKN: A2ALDB) werden zu Tiefstkursen gehandelt. Dabei sind diese Unternehmen richtig gut im Geschäft und arbeiten Aufträge im Umfang von vielen Milliarden Euro ab. Möglicherweise haben wir es also mit verkannten Gewinnern der Mobilitätswende zu tun.

Neue Champions im Entstehen

Als nach der Finanzkrise 2008 absehbar war, wie viele Forschungsgelder in die Elektromobilität fließen, war für mich klar, dass dort mittel- bis langfristig Milliardenmärkte entstehen. Die große Frage war lediglich, wer die Chance ergreifen würde. Damals gab es Hersteller von kleineren Antriebsmotoren, kleine Spezialisten und Anbieter von leistungsfähigen Industrie-Elektromotoren.

So richtig in die Gänge kamen die meisten davon jedoch nicht. Bald zeichnete sich ab, dass vor allem die großen Automobilzulieferer die Chance ergreifen wollten, Einbußen im Verbrennergeschäft zu kompensieren. Neben den Stiftungskonzernen Bosch und ZF taten sich dabei vor allem Vitesco, Schaeffler und Valeo hervor.

Die beiden deutschen Zulieferer engagierten sich auch frühzeitig in der Rennserie Formula E, um ihre Technik unter anspruchsvollsten Bedingungen zu testen. Diese wichtige Erfahrung sollte ihnen einen klaren Vorsprung gegenüber vielen Konkurrenten verleihen, die vor allem im Labor entwickeln statt auf der Rennstrecke.

Tatsächlich füllten sich die Auftragsbücher in den letzten Jahren massiv. Schaeffler meldete für 2021 Orders im Umfang von 3,2 Mrd. Euro im Unternehmensbereich E-Mobilität. Im ersten Quartal 2022 kamen weitere 2 Mrd. Euro hinzu. Bei der Valeo-Tochter Valeo Siemens eAutomotive summiert sich der Auftragsbestand auf rund 11 Mrd. Euro. Und Vitesco hat allein im ersten Quartal 2022 Aufträge rund um Elektrifizierungstechnologien im Umfang von knapp 3,7 Mrd. Euro hereingeholt.

Es spricht also vieles dafür, dass diese drei Wettbewerber auch zukünftig zur weltweiten Spitzengruppe gehören werden.

Was das Problem von Vitesco, Schaeffler und Valeo ist

Schaut man hingegen auf das Chartbild, dann erkennt man, dass die Börse hier alles andere als große Champions wähnt.

Chart erstellt mit YCharts. Kursentwicklung von Valeo und Schaeffler über 5 Jahre sowie von Vitesco seit dem Börsengang, jeweils in US-Dollar

Ein Faktor dabei ist, dass Firmen wie Vitesco und Schaeffler beim traditionellen Verbrennergeschäft zunehmend unter Druck geraten, während die jüngsten E-Mobility-Aufträge erst im Laufe der kommenden Jahre in Umsätze konvertieren. Der zwei Milliarden Euro schwere E-Achsen-Auftrag, den Vitesco Anfang Mai meldete, wird sich frühestens 2024 positiv auf die Finanzen auswirken.

Hinzu kommt, dass die große Anzahl von Wettbewerbern zu einem starken Margendruck geführt hat. Neben den Zulieferern haben auch viele Automobilhersteller eigene Fertigungskapazitäten aufgebaut. Sie lassen damit keine großen Gewinnmargen zu. Folglich sorgt Valeos beeindruckender Auftragsbestand zwar für gute Beschäftigung, aber unterm Strich häufen sich weiterhin Verluste an.

Im ersten Halbjahr verschärften sich nun auch noch die Probleme in den Lieferketten, verbunden mit erhöhten Einkaufspreisen und der Aussicht auf einen Konjunkturabschwung. Selbst wenn also das Geschäft mit der Elektromobilität florieren sollte, würden diese negative Effekte wahrscheinlich stärker wiegen bei diesen breit aufgestellten Konzernen.

Warum es sich lohnen könnte, jetzt einzusteigen

Dennoch könnte es gerade jetzt interessant sein, sich einige dieser Aktien genauer anzusehen. Wie so oft scheint sich die Börse auf den trüben kurzfristigen Ausblick zu fokussieren. Beim Investieren ist jedoch eigentlich interessanter, was in den nächsten fünf bis zehn Jahren passieren wird.

Und so wie es sich für mich darstellt, werden Valeo, Vitesco und Schaeffler nun einerseits mit den Bestandskunden im Bereich der Elektromobilität stark wachsen und andererseits kontinuierlich Neukunden hinzugewinnen. Dies ermöglicht ein Wachstum auf zwei Ebenen, das mir sehr attraktiv erscheint.

Im Zuge dessen werden sie eine kritische Größe erreichen, mit der sie sich von vielen weniger skalierten Wettbewerbern absetzen können. Mit ihren zunehmend standardisierten und modularisierten Motorplattformen können sie ein breiteres Leistungsspektrum für mehr Einsatzzwecke zu geringeren Fertigungskosten bieten.

Champions mit überraschend niedrigen Bewertungen

Selbst wenn Autobauer zunehmend auf selbstentwickelte Elektromotoren setzen, werden sie weiterhin für einige Modelle die Elektroantriebe von Zulieferern beziehen. Renault (WKN: 893113) zum Beispiel setzt sogar auf eine strategische Partnerschaft mit Valeo, um ab 2027 eine neue, leistungsstarke Motorengeneration, frei von Seltenen Erden, massenzufertigen. Bis dahin will das Valeo-Management auch die operative Marge des Geschäftsbereichs auf ein Niveau hieven, das freie Cashflows im mittleren dreistelligen Millionenbereich zulässt.

Im Laufe der kommenden fünf Jahre könnten sich also einige schöne Erfolgsgeschichten entwickeln. Ob es die Aktien von Valeo, Schaeffler und Vitesco dann immer noch zu einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von weniger als 0,3 gibt? Ich wage es zu bezweifeln.

Der Artikel Gestalter der Elektromobilität, von der Börse gemieden – Langfristanleger wittern Chancen ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.

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Ralf Anders besitzt Aktien von Schaeffler. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

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