Aktienmärkte: Berenberg sieht Bodenbildung erst Ende des Jahres kommen - Grundlage für "finalen Ausverkauf" bildet sich erst noch

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Das unruhige und teils heftige Auf und Ab an den Kapitalmärkten wird sich aus Sicht der Privatbank Berenberg noch eine ganze Weile fortsetzen. Eine jahrelange Dürreperiode am Aktienmarkt erwartet Professor Bernd Meyer, Chefanlagestratege und Leiter Multi Asset von Berenberg Wealth and Asset Management, allerdings nicht. Vielmehr rechnet er bereits mit einer Bodenbildung in der zweiten Jahreshälfte, wie er am Mittwoch in Frankfurt sagte.

"Allerdings noch nicht im dritten Quartal", da sich erst dann die Auswirkungen von Inflation, Kaufkraftschwäche und Konjunkturabschwung in den Unternehmensbilanzen niederschlagen dürften. "Danach sollte rasch aber eine Erholung folgen, wie die Erfahrung zeigt. Historisch gesehen liefen die negativen Gewinnrevisionen weiter, aber der Markt hatte seinen Boden bereits gefunden."

Während im ersten Quartal dieses Jahres Inflationssorgen die Märkte dominierten, hätten seit dem zweiten Jahresviertel Konjunktur- und Rezessionsängste die Oberhand gewonnen. Die Stimmung der Anleger sei entsprechend skeptischer geworden. Die Positionierungen mittlerweile niedrig und die Aktienbewertungen zugleich zunehmend attraktiver.

Damit nähmen die Börsen inzwischen ein Absacken der Wirtschaft weit unter die Wachstumsschwelle vorweg, ausgedrückt im globalen Einkaufsmanager-Index der Industrie. "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien liegt inzwischen in den USA unter dem dreißigjährigen Durchschnitt und in Europa sogar deutlich darunter", konstatiert Meyer.

Auch er geht für 2023 von einer Rezession aus - und zwar einer leichten, sowohl in den Vereinigten Staaten und auch in der Eurozone. Auf diese sollte 2024 wieder Wirtschaftswachstum folgen. Zugleich dürfte sich die hohe Inflation von mehr als sieben Prozent im laufenden Jahr in diesen beiden Regionen wieder spürbar abschwächen auf im Schnitt 3,4 Prozent in den USA im Jahr 2023 und 4,0 Prozent in der Eurozone.

Da aktuell aber eine Rezession nur drohe und noch nicht eingetreten sei, ebenso wie Gewinnrevisionen auf breiter Front und auch der Liquiditätsentzug durch die Notenbanken mitsamt zunehmend deutlichen Leitzinsanhebungen, könnte es im Jahresverlauf 2022 noch zu einem "finalen Ausverkauf" durch Privatanleger kommen. Die Schwankungen an den Börsen dürften angesichts dieser Gemengelage entsprechend eher noch zu- als abnehmen.

In diesem insgesamt unsicheren Umfeld, in dem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zusätzlich belaste, hält der Berenberg-Experte eine breite Diversifizierung und ausgewogene Positionierung für Investoren für besonders wichtig - "mit klarem Fokus auf reale Anlagen wie Aktien und Rohstoffe". Sichere Staatsanleihen seien bislang noch nicht wieder attraktiv, sondern allenfalls zur Absicherung geeignet.

dpa-AFX

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