ROUNDUP/Scholz: Russland stellt wieder eine Bedrohung für Europa dar

dpa-AFX · Uhr

MADRID (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum Abschluss des Nato-Gipfels in Madrid ein düsteres Bild von der Sicherheitslage in Europa gezeichnet. "Durch seine aggressive Politik stellt Russland wieder eine Bedrohung für Europa, für die Allianz dar", sagte Scholz in einer Pressekonferenz. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich ähnlich besorgt. "Wir haben es mit der ernstesten Sicherheitslage seit Jahrzehnten zu tun", sagte der Norweger mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine, aber auch auf die als aggressiv wahrgenommene Politik China.

Sowohl Scholz als auch Stoltenberg betonten allerdings, dass sie die Nato nach dem Gipfel gewappnet für die Herausforderungen halten. Das Bündnis ziehe die richtigen Schlüsse aus der veränderten Weltlage und stärke seine Verteidigungsfähigkeit insbesondere mit Blick auf die Sicherheit der Mitglieder entlang der Ostflanke, sagte Scholz. Stoltenberg betonte: "Wir stellen uns in Einigkeit und mit Entschlossenheit den Herausforderungen."

Die 30 Mitgliedstaaten der Nato hatten zuvor bei ihren zweitägigen Beratungen beschlossen, die Zahl der Soldaten in hoher Einsatzbereitschaft von 40 000 auf 300 000 zu erhöhen. Außerdem werden mehr schwere Waffen vor allem ins Baltikum und nach Polen verlegt. Die Bündnispartner entschieden auch, Finnland und Schweden als neue Mitglieder aufzunehmen. Die beiden nordischen Staaten hatten unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine beschlossen, ihre jahrzehntelange Neutralität aufzugeben und der Nato beizutreten.

Die Beitrittsprotokolle sollen nach Angaben von Stoltenberg am kommenden Dienstag in Anwesenheit der Außenminister Finnlands und Schwedens unterzeichnet werden. Danach müssen diese noch von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Bis alle 30 Alliierten dies erledigt haben, könnte es Schätzungen zufolge sechs bis acht Monate dauern.

Der Nato-Gipfel im kommenden Jahr wird nach Angaben von Stoltenberg an der Ostflanke des Bündnisses stattfinden. "Wir werden uns im nächsten Jahr zum Nato-Gipfel in Vilnius, Litauen, wiedersehen", sagte er. Litauen hat eine gemeinsame Grenze mit der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad. Der baltische Staat grenzt zudem an Belarus, einen engen Verbündeten Moskaus.

Am Rande des Gipfels war erneut eine politisch brenzlige Lieferung von Leopard-Kampfpanzern aus Spanien an die Ukraine Thema. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) führte Kreisen zufolge dazu in Madrid Gespräche. Die zuvor von Medien berichteten Überlegungen waren demnach Thema bei einem Treffen Lambrechts mit ihrer spanischen Amtskollegin Margarita Robles, wie der Deutschen Presse-Agentur erklärt wurde. Deutlich geworden sei, dass es auf spanischer Seite noch keine Entscheidung gibt.

In einem Interview der spanischen Zeitung "El Mundo" wurde Lambrecht auf Berichte angesprochen, wonach Deutschland ein Veto gegen eine größere Lieferung von Militärgütern durch Spanien an die Ukraine eingelegt habe. Lambrecht sagte dazu: "Die Pressemeldungen sind mir bekannt, ein Antrag der spanischen Regierung dazu aber nicht."

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte in Madrid auf die Frage möglicher Leopard-2-Lieferungen: "Vor dem Hintergrund, dass dieser Krieg weiter andauert und jeden Tag brutaler wird, haben wir hier beim Nato-Gipfel deutlich gemacht, dass wir unsere Unterstützung für die Ukraine jeden Tag reflektieren müssen." Man sehe die großen Verluste nicht nur von Soldaten, sondern auch von Material und deshalb tausche man sich mit den verschiedenen Partnern darüber aus, was man tun könne, um die Ukraine noch besser zu unterstützen.

Die Regierung in Madrid überlegt spanischen Berichten zufolge, deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 sowie Luftabwehrraketen zu liefern. Es handele sich um eingemottete Panzer, die erst für den Einsatz vorbereitet werden müssten, schrieb die Zeitung Anfang Juni. Dem Bericht zufolge könnten rund 40 von 108 Leopard-Panzer, die Spanien 1995 gebraucht in Deutschland gekauft habe, wieder einsatzbereit gemacht werden. Deutschland müsste einer Weitergabe aber erst noch zustimmen./aha/DP/stw

Meistgelesene Artikel