Anleger zwischen Zinshoffnungen und Corona-Sorgen

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2022. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

Frankfurt (Reuters) - Die europäischen Börsen bleiben weiter in ihrer jüngsten Handelsspanne gefangen.

"Den meisten Anlegern fällt es schwer, die kurz- und mittelfristigen Aussichten für riskante Anlagen abzuschätzen", sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. Dax und EuroStoxx50 lagen am Dienstagabend jeweils rund ein halbes Prozent im Plus bei 14.422,35 beziehungsweise 3932,55 Punkten. Der US-Standardwerteindex Dow Jones rückte ein knappes Prozent vor.

Unterstützung erhielten die Kurse unter anderem von den Spekulationen auf behutsamere Zinserhöhungen der Notenbank Fed, die vom überraschend geringen Anstieg der US-Inflation im Oktober befeuert wurde. Allerdings seien die Erwartungen der Anleger überzogen, warnte Finanzmarkt-Experte Russ Mould vom Brokerhaus AJ Bell. "Morgen könnte eine kalte Dusche folgen." Am Mittwoch steht die Veröffentlichung der Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung auf dem Plan. Davon versprechen sich Börsianer Hinweise auf das weitere Zinserhöhungstempo.

Gleichzeitig verfolgen sie aufmerksam die Entwicklung der Coronavirus-Pandemie beim wichtigen Handelspartner China und die dort verhängten Lockdowns. "Der Markt scheint die Meinung zu vertreten, dass der aktuelle Ausbruch nur ein kurzfristiger ist", sagte Analyst Ole Hansen von der Saxo Bank. Die Beeinträchtigungen der dortigen Wirtschaft könnten aber länger anhalten als derzeit gedacht. Vor diesem Hintergrund gaben die US-Aktien chinesischer Firmen wie Alibaba, Pinduoduo oder JD.com bis zu 3,3 Prozent nach.

KUPFER UND ROHÖL IM AUFWIND - BITCOIN NAHE ZWEI-JAHRES-TIEF

Rohstoff-Anleger schoben dennoch Sorgen vor einer geringeren Nachfrage des Top-Abnehmers China beiseite. Kupfer verteuerte sich um zwei Prozent auf 8035 Dollar je Tonne. Parallel dazu legte die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee 1,9 Prozent auf 89,14 Dollar je Barrel (159 Liter) zu. Haupt-Triebfeder für deren Gewinne sei aber die Absage Saudi-Arabiens an eine mögliche Ausweitung der Fördermengen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Im Windschatten des Ölpreis-Anstiegs gewann der Index für die europäische Öl- und Gasbranche knapp fünf Prozent. Das ist der größte Tagesgewinn seit zwei Jahren.

Am Kryptowährungsmarkt stabilisierte sich der Kurs von Bitcoin bei 16.165 Dollar und damit knapp über seinem jüngsten Zwei-Jahres-Tief. Der Kryptowährungsbroker und -verleiher Genesis wies Medienberichte über eine bevorstehende Insolvenz als Folge des Zusammenbruchs der Börse FTX zurück. Die Furcht vor Ansteckungseffekten werde damit aber nicht zerstreut, kommentierte Analyst Timo Emden von Emden Research.

CEVIAN ZIEHT BEI THYSSENKRUPP DIE REISSLEINE

Am deutschen Aktienmarkt rückte Thyssenkrupp ins Rampenlicht, nachdem Cevian seine verbliebene Beteiligung an dem Industriekonzern fast komplett verkauft hatte. Die Aktie fiel daraufhin um 4,3 Prozent auf 5,17 Euro. Der Finanzinvestor war zu deutlich höheren Kursen bei dem Konzern eingestiegen. "Was für eine miserable Investition", kommentierte ein Börsianer.

Die Titel von AO World gewannen dagegen 17 Prozent. Dank der Fußball-Weltmeisterschaft stellte der britische Online-Elektronikhändler für das laufende Geschäftsjahr einen Gewinn am oberen Ende der angepeilten Spanne von umgerechnet 23 bis 35 Millionen Euro in Aussicht. Sollte die englische Nationalmannschaft die Endrunde erreichen, könne mit einem zusätzlichen Anstieg der TV-Verkäufe gerechnet werden.

Auch der US-Rivale Best Buy blickt optimistischer in die Zukunft. Dank Rabattaktionen rechnet das Unternehmen für das Gesamtjahr nur noch mit einem Umsatzminus von zehn statt elf Prozent. Außerdem lagen die Zahlen für das abgelaufene Quartal über den Erwartungen. Best Buy-Papiere legten fast zwölf Prozent zu.

(Bericht von Hakan Ersen, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

Meistgelesene Artikel