Bundesbank warnt vor Risiken für das Finanzsystem

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Frankfurt (Reuters) - Die Bundesbank warnt angesichts drohender Rezession und nervöser Börsen vor Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems.

Gedämpfte Wachstumsaussichten, eine hohe Inflation sowie steigende Zinsen und Risikoaufschläge kennzeichneten die Lage, teilte die Bundesbank am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung ihres jüngsten Berichts zur Finanzstabilität mit. Für 2023 werde eine leichte Rezession vorhergesagt. "In der Summe sind also die makroökonomischen Risiken gestiegen, und das Finanzsystem bleibt verwundbar", sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch.

Die Lage der Unternehmen habe sich verschlechtert, Insolvenzen würden voraussichtlich zunehmen und die privaten Haushalte hätten an Kaufkraft eingebüßt. Banken, Versicherer und Investmentfonds hätten aufgrund von Kurskorrekturen Verluste verzeichnet. Nach oben gekletterte und extrem schwankungsreiche Börsenpreise für Energieprodukte hätten dazu geführt, dass sich die Anforderungen an Sicherheiten bei Derivateverträgen deutlich erhöhten. "Auch wenn sich die Lage an den Energiebörsen entspannt hat, stellt eine Verschärfung der Energiekrise ein mögliches Risikoszenario für das Finanzsystem dar", erklärte Buch.

Darüber hinaus würde ein abrupter Zinsanstieg an den Märkten viele Kreditnehmer und Finanzinstitute nach Einschätzung der Bundesbank unter Druck setzen. Höhere Zinsen hätten bereits zu Anpassungen bei den Wertpapieren geführt, sagte Buch. "Die Banken müssen Abschreibungen vornehmen und haben ihre stillen Reserven auch bereits weitgehend aufgebraucht." Die Preise für Wohnimmobilien stiegen weiter, wenn auch mit geringerer Dynamik. "Gleichwohl sind die Überbewertungen, von denen wir gesprochen haben, nach wie vor im Markt." Für das Jahr 2021 hatte die Bundesbank die Überbewertungen auf 15 bis 40 Prozent geschätzt. Neuere Zahlen nannte die Bundesbank nicht.

RAUM FÜR WEITERE RISIKOVORSORGE

Geldhäuser sollten die Auswirkungen von Negativszenarien für ihre Geschäfte prüfen, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling. "Angesichts einer hohen Unsicherheit sollten sie umsichtig Risikovorsorge betreiben und nur vorsichtig Gewinne ausschütten." Ihn wundere, dass nur wenig zusätzliche Risikovorsorge gebildet werde.

Vor kurzem hatte die Europäische Zentralbank (EZB) von gestiegenen Risiken für die Finanzstabilität im Euro-Raum berichtet. Dabei verwies EZB-Vizechef Luis des Guindos auf die gestiegenen Energiepreise und Inflationsraten und die sich eintrübende Konjunktur. Die Verwundbarkeiten von Haushalten, Unternehmen und Staaten, die mehr Schulden haben, hätten zugenommen. Zu den Gefahren zählte die EZB auch Spannungen an den Finanzmärkten. Zwar profitierten Banken von den inzwischen höheren Zinsen. Es gebe aber Anzeichen dafür, dass sich die Qualität der Vermögenswerte verschlechtere.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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