Lindner will trotz höherer Schuldenquote Steuern nicht erhöhen

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Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner stellt sich wegen der Energiekrise auf eine steigende Verschuldung ein, will Steuererhöhungen aber unbedingt verhindern.

Die Schuldenquote in Deutschland werde am Ende der jetzigen Krise bei rund 70 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung liegen, sagte der FDP-Vorsitzende am Montag in Berlin beim Steuerforum des Handwerkverbandes ZDH. "Das ist im europäischen Vergleich immer noch ein Ausdruck tragfähiger Finanzen." Tritt die Prognose ein, würde es einer Steigerung um einige Prozentpunkte entsprechen.

In Europa ist eigentlich eine Obergrenze von 60 Prozent vorgegeben, die aber in vielen Fällen seit Jahren nicht eingehalten wird. Wegen der Corona-Pandemie wurden die Regeln auch vorübergehend ausgesetzt. Lindner sagte, bis zum Ende des Jahrzehnts müsse Deutschland die Vorgaben wieder in den Blick nehmen.

Zahlreiche Wirtschaftsverbände fordern immer wieder, es dürfe keine zusätzlichen Belastungen von Unternehmen geben. "Fürchtet Euch nicht: Mit dieser Koalition und diesem Bundesfinanzminister wird es keine Steuererhöhungen geben", sagte Lindner vor Vertretern des Handwerks. "Deutschland ist bereits ein Höchststeuerland."

Er verwies darauf, dass das Steuersystem derzeit an die höchste Inflation seit Jahrzehnten angepasst werde, um zusätzliche Belastungen von Bürgern und Kleinunternehmen zu verhindern. Außerdem seien weiterhin "Superabschreibungen" geplant, hoffentlich schon 2024, wenn dies die wirtschaftliche Lage hergebe. Sie sollen private Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung forcieren, wurden bislang aber mehrfach verschoben.

Die Bundesregierung hat einen 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm aufgespannt, um bis Frühjahr 2024 Verbraucher und Industrie nicht mit den Energiepreisen alleine zu lassen, die seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar sprunghaft gestiegen sind. "Wir dürfen ruinöse Preisspitzen nicht hinnehmen." Mit dem Fonds sollen unter anderem die Preisbremsen auf Strom und Gas finanziert werden. Tausende Unternehmen würden davon profitieren. Deutschland setze dafür seine finanzielle Stärke ein, so Lindner. Die Topf sei eine Brücke in eine neue Normalität mit dauerhaft höheren Energiepreisen, an die sich die Wirtschaft gewöhnen müsse.

Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer sagte, viele Betriebe kämpften derzeit ums Überleben, weswegen es keine Zusatzlasten geben dürfe. "Einige haben offensichtlich immer noch nicht verstanden, was da auf dem Spiel steht: Es geht um die künftige Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland." Die Energiesteuersätze und die perspektivisch weiter steigende CO2-Abgabe sollten vor dem Hintergrund der explodierenden Energiepreise kritisch überdacht werden.

(Bericht von Christian Krämer. Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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