Bundesbank-Präsident für Abschmelzen der EZB-Anleihenbestände

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Frankfurt/Madrid (Reuters) - Bundesbank-Präsident Joachim Nagel spricht sich für ein passives Abschmelzen bei der geplanten Verringerung der billionenschweren Staatsanleihenbestände der EZB aus. "Die einfachste und transparenteste Vorgehensweise für den Bilanzabbau wäre, auslaufende Anleihen nicht mehr zu ersetzen", erklärte Nagel in einer Präsentation zu einem Monetären Workshop in Darmstadt. Der Bundesbank-Präsident hat dabei die Bonds des älteren Anleihen-Kaufprogramms APP im Blick, mit dem die Europäische Zentralbank (EZB) in den Jahren ab 2015 die Konjunktur anschieben wollte. Aktuell liegt der aufgekaufte Bestand an Papieren in diesem Programm bei rund 3,3 Billionen Euro.

"Wenn wir auslaufende Anleihen im APP-Portfolio nicht mehr ersetzen, sinkt der Anleihebestand automatisch: Monat für Monat um die jeweiligen Fälligkeiten", führte Nagel aus. Die Märkte würden nach seiner Einschätzung ein solches passives Auslaufenlassen vom ersten Quartal 2023 an gut verkraften. Die Börsen seien hinreichend widerstandsfähig. Die monatlichen Fälligkeiten seien in der nahen Zukunft wesentlich geringer als vergangene monatliche Ankaufvolumina. Bislang noch werden fällig werdende Papiere, die im Rahmen von APP erworben wurden, von den Währungshütern wieder vollumfänglich im Bestand ersetzt.

Aus Sicht von Nagel würde ein solches Vorgehen, für das unlängst auch EZB-Vizepräsident Luis de Guindos im Kern plädiert hatte, die Entschlossenheit des EZB-Rats zur Bekämpfung der Inflation unterstreichen. Zudem werde damit das Problem der Knappheit von Sicherheiten verringert und auch die Überschussliquidität reduziert. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in Aussicht gestellt, dass die Euro-Wächter auf der kommenden Zinssitzung am 15. Dezember wichtige Weichenstellungen für eine Verringerung der Anleihenbestände beschließen werden.

DE GUINDOS - VERLANGSAMUNG DER INFLATION MUSS STABIL SEIN

EZB-Vize de Guindos machte unterdessen am Freitag auf einer Veranstaltung in Madrid deutlich, dass aus seiner Sicht die Arbeit der Währungshüter trotz eines Rückgangs der Inflation im November noch nicht getan ist. "Die Inflation beginnt sich zu verlangsamen, aber diese Verlangsamung muss stabil sein", merkte er an. De Guindos zufolge wird die Inflation im Euro-Raum 2023 womöglich immer noch um die sieben Prozent betragen. Das wäre immer noch mehr als doppelt so viel wie die Notenbankzielmarke von zwei Prozent.

Die Teuerungsrate war im November erstmals seit vielen Monaten zurückgegangen auf 10,0 Prozent. Noch im Oktober hatte der Preisschub bei 10,6 Prozent gelegen. Der Rückgang hatte Hoffnungen genährt, die Inflation könnte ihren Höhepunkt bereits überschritten haben. De Guindos muss die EZB aber unbedingt vermeiden, dass der Inflationsverlauf die Form des Großbuchstaben M annimmt. Dies würde bedeuten, dass die Teuerung nach einer Abschwächung erneut wieder stark ansteigen würde. De Guindos verwies auf die Erwartung, dass die Euro-Notenbank die Schlüsselsätze am 15. Dezember erneut anheben wird.

Die EZB hatte im Juli die Zinswende eingeleitet und innerhalb weniger Monate die Schlüsselsätze in drei Schritten um insgesamt 2,0 Prozentpunkte nach oben gesetzt. Der für die Finanzmärkte maßgebliche Einlagensatz liegt damit aktuell bei 1,5 Prozent.

(Bericht von Frank Siebelt, Jesús Aguado, Emma Pinedo; Redigiert von; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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