Dax auf Talfahrt

US-Regionalbanken wackeln – warum das die Börsen so schockiert

onvista · Uhr
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Quelle: Alf Ribeiro/Shutterstock.com

Der Dax hat zum Wochenausklang mit einem enormen Minus eröffnet. Zum Handelsstart ging es um über zwei Prozent nach unten. Damit fiel der Leitindex klar unter die Marke von 24.000 Punkten, die er vor kurzem erst nach einem wochenlangen Seitwärtstrend zurückerobern konnte.

Bleibt es bis zum Handelsschluss bei diesem Abschlag, wäre das der größte Tagesverlust seit Anfang September. Hinter der trüben Stimmung steckt die Furcht, dass in den USA erneut eine Bankenkrise aufkeimt.

Um welche Banken geht es?

Im Mittelpunkt stehen Institute, von denen deutsche Anleger wohl noch nie gehört haben dürften – Zions Bancorp und Western Alliance Bancorp. Die Geldhäuser sind vergleichsweise klein, Zions kommt auf eine Marktkapitalisierung von knapp sieben Milliarden Dollar, Western Alliance ist mit 7,7 Milliarden Dollar Börsenwert nur marginal größer.

Die Banken erklärten am Donnerstag, dass sie Schwierigkeiten bei ihren Krediten haben. So klagte Western Alliance, die Bank sei Opfer von Kreditbetrug geworden, während Zions 50 Millionen US-Dollar an Krediten abschreiben musste.

In beiden Fällen geht es um dieselben Kunden, schreibt die Finanznachrichtenagentur Bloomberg: Investmentfonds, die auf den Kauf von Hypotheken spezialisiert sind. Wie Bloomberg weiter berichtete, sollen diese Fonds einen Teil der Immobilien im Portfolio auf andere Institutionen überschrieben haben, was die Anwälte der Investoren aber vehement abstreiten.

Die Reaktion der Anleger auf die Kreditprobleme fiel jedenfalls prompt aus: Die Zions-Aktie rutschte am Donnerstag um 13 Prozent ab, Western Alliance verloren knapp elf Prozent. Im Sog dieser kleineren Banken rutschten auch größere Titel wie Goldman Sachs, Citigroup, und JPMorgan ab.

Warum reagiert der Markt so dramatisch auf diese Verluste?

Eine Abschreibung von 50 Millionen US-Dollar ist, im Verhältnis zum gesamten US-Bankensektor, praktisch nur ein Rundungsfehler. Selbst gemessen an Zions gesamter Bilanzsumme ist dieser Verlust eher klein. Die Bilanzsumme des Bankhauses beläuft sich auf über 88 Milliarden US-Dollar.

Das Problem ist, dass diese faulen Kredite auf andere Ausfälle folgen. Erst vorigen Monat musste Tricolor Holdings, ein Spezialist für Autokredite, Insolvenz anmelden, was zu ersten Ausfällen bei Bankkrediten führte. Kurz darauf brach der Zulieferer First Brands zusammen, der Bloomberg zufolge bei den Wall-Street-Banken mit über zehn Milliarden US-Dollar verschuldet war.

Das schürt Ängste davor, wie viele Kredite im US-Bankensystem tatsächlich faul sind. Jamie Dimon, Chef der weltgrößten Bank JPMorgan Chase, sagte nach der Zahlenvorlage seines Instituts zum dritten Quartal am Dienstag: „Wenn du eine Kakerlake siehst, sind es wahrscheinlich noch viel mehr.“

JPMorgan verlor durch die Tricolor-Pleite selbst 170 Millionen Dollar, ein extrem kleiner Betrag, verglichen mit dem Quartalsgewinn von 14,4 Milliarden Dollar. Bei den großen US-Banken fielen die Ergebnisse für das dritte Quartal generell mittelmäßig bis hervorragend aus.

Gibt es Parallelen zur Bankenkrise 2023?

Schon im Frühjahr 2023 schürte eine Krise regionaler Institute Ängste um das Banksystem. Damals kollabierten gleich mehrere mittelgroße Banken. Prominentestes Opfer der Panik war die Silicon Valley Bank, kurz SVB.

In den Vorjahren genoss SVB große Zuflüsse bei den Einlagen, vor allem aufgrund ihrer Nähe zu Tech-Firmen, Startups und deren Gründern. Einen Großteil dieser Einlagen investierte SVB in langlaufende US-Staatsanleihen, um von höheren Verzinsungen gegenüber kürzer laufenden Papieren zu profitieren.

Dax Chartanalyse 17.10.2025
Verkaufswelle im Dax nimmt Fahrt auf - Abwärtsrisiken dominieren17.10.2025 · 11:34 Uhr · onvista
Jemand prüft Kurse auf seinem Smartphone.

Durch die Inflation und die steigenden Zinsen verloren diese Bonds – auf dem Papier – an Wert. Hätte die Bank die Anleihen bis Laufzeitende gehalten, hätte sie den vollen Nennwert zurückerhalten. Da im Frühjahr 2023 aber immer mehr Kunden Einlagen abziehen wollten, musste die Bank die Anleihen mit harschen Verlusten verkaufen, um die Einlagen auszuzahlen, was wiederum weitere Abflüsse nach sich zog.

Der nachfolgende „Bank Run“ führte zum Kollaps der Silicon Valley Bank und ähnlich aufgestellten Instituten, sodass letztlich die Notenbank Federal Reserve den Sektor mit Notfallkrediten stützen musste. Klar ist: So weit ist es aktuell noch längst nicht. Zudem befindet sich die US-Geldpolitik, anders als 2023, in einem Zinssenkungszyklus.

Was sollten Anleger erwarten?

Allerdings zeigt der US-Volatilitätsindex VIX, dass die Anleger die Probleme mit toxischen Krediten durchaus ernst nehmen. Der Index, auch „Angstbarometer“ genannt, sprang auf knapp 27 Punkte, das höchste Level seit dem Zollchaos im April. Die Wall Street erwartet demnach kurzfristig höhere Kursschwankungen – tendenziell eher nach unten.

Ob aus diesen Fällen nun eine echte Bankenkrise erwächst, scheint zu diesem Zeitpunkt eher unwahrscheinlich. Die Großbanken legten im dritten Quartal, also im Zeitraum der Pleiten von Tricolor und First Brands, vergleichsweise wenig Kapital für Ausfallprovisionen zur Seite. Das könnte ein Signal dafür sein, dass die Geldhäuser nicht mit größeren Kreditproblemen in nächster Zeit rechnen, trotz dieser Pleiten.

Denkbar ist zudem, dass der Markt die Probleme bei Zions und Western Alliance als Anlass nimmt, um nach den starken Läufen von US-Aktien nun Gewinne abzusichern - zumal mit einem Wiederaufflammen des Handelskriegs zwischen China und den USA sowie der überbordenden Euphorie um KI zwei Risikofaktoren zuletzt verstärkt in den Fokus rückten.

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