RTL will 600 Stellen in Deutschland abbauen - Mehr Fokus auf Streaming

Reuters · Uhr
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Berlin, 02. Dez (Reuters) - Die TV-Sendergruppe RTL zieht Konsequenzen aus dem schwachen Werbegeschäft und baut in Deutschland rund 600 Jobs ab.

Sie wolle sich noch stärker auf Streaming fokussieren, teilte die Bertelsmann-Tochter am Dienstag mit. Alle Standorte von RTL Deutschland seien betroffen. Das Management bezeichnete den Jobabbau als umfassend, aber zwingend notwendig. "Der Medienmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel", sagte Stephan Schmitter, der Chef von RTL Deutschland. Die Journalistengewerkschaft DJV sprach von einer Katastrophe für die Belegschaft und fürchtet Einbußen bei der journalistischen Qualität. "Es dürfte für die Redaktionen mindestens schwierig werden, das jetzige Niveau mit noch weniger Personal zu halten", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster.

Die Zahl der Beschäftigten von RTL Deutschland liegt Ende des Jahres bei rund 6000 - es wäre also etwa jede zehnte Stelle betroffen. Der Abbau der angekündigten Arbeitsplätze betrifft allerdings 600 Vollzeitstellen und dürfte deshalb mehr als 600 Beschäftigte umfassen. Die Maßnahmen sollen so sozialverträglich wie möglich mit Abfindungen und Altersteilzeitregeln umgesetzt werden, hieß es. Dies signalisiert wie in solchen Fällen üblich, dass betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden sollen, aber nicht ausgeschlossen sind. Die Gewerkschaft erklärte, je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit würden freiwillig ausscheidende Mitarbeitende einen Bonus von bis zu 50.000 Euro erhalten.

Die RTL-Aktie notierte am Mittag rund 1,5 Prozent im Minus.

LINEARES FERNSEHEN ADÉ - STREAMING IST WACHSTUMSMOTOR

Der Jobabbau zeigt erneut, wie sich die Sehgewohnheiten der Deutschen geändert haben und was dies - neben der schwachen Konjunktur - für massive Auswirkungen auf die Branche hat. Denn der Werbemarkt mit klassischem linearem Fernsehen verliert stetig, weil Nutzer ihre Filme und Videos streamen - wann und wo sie wollen. "Seit 2019 sind die linearen TV-Werbeumsätze in Deutschland um mehr als 20 Prozent gesunken", betonte RTL. Das Problem ist, dass der Hoffnungsträger Streaming die Werbeerlöse mit dem - noch deutlich größeren - klassischen Fernsehgeschäft noch nicht ausgleichen kann. Von Januar bis September stiegen die Digital-Werbeumsätze der europäischen Senderkette RTL Group um fast 32 Prozent auf 345 Millionen Euro und konnten rund 70 Prozent des Rückgangs der TV-Werbeerlöse wettmachen.

Die RTL Group senkte jüngst wegen der Konjunktur- und Werbeflaute ihre Gewinn- und Umsatzziele für 2025. Die Sender leiden seit Jahren unter dem schwachen Werbemarkt und der Konkurrenz durch US-Streamingdienste wie Netflix, Disney und Amazon. In der Branche wird erwartet, dass auch der RTL-Rivale ProSiebenSat.1 weitere Jobs abbauen dürfte. Denn dort hat die Holding MFE der Berlusconi-Familie mit gut 75 Prozent die Mehrheit übernommen. Die Italiener wollen den bayerischen Fernsehkonzern stärker auf Unterhaltung ausrichten und dürften künftig Randgeschäfte verkaufen, Kosten senken und Synergien heben.

RTL Deutschland hat seinen Hauptsitz in Köln, betreibt 15 TV-Sender (Vox, ntv), viele Radiosender (Antenne Bayern) und den Streamingdienst RTL+. "Um langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig zu bleiben, richten wir RTL Deutschland noch konsequenter auf das Streaming-Geschäft aus", sagte Schmitter. Mit dem Wachstum von RTL+ und der geplanten Übernahme des Bezahlsenders Sky Deutschland habe man eine starke Basis für künftigen Erfolg.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Olaf Brenner.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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