AKTIE IM FOKUS: Lufthansa steht vor Herkulesaufgabe - Aktie stark gefragt

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein Milliardenverlust der Lufthansa und die Aussicht auf einen ebenso grundlegenden wie teuren Umbau haben die Anleger am Mittwoch nicht in die Flucht getrieben. Der Kurs der Aktie legte zuletzt um 5 Prozent zu. Das dürfte auch dem tagesaktuellen Börsengeschehen geschuldet sein: Airline-Aktien standen zur Wochenmitte als Profiteure der sich ausweitenden Lockerungen im weltweiten Reiseverkehr auf den Kauflisten ganz oben. Und die Papiere von Kontrahenten wie Air France-KLM und der britisch-spanischen IAG legten mit 7,5 und 9 Prozent noch deutlich stärker zu als die der Lufthansa.

Die von der Corona-Krise hart getroffene Lufthansa bereitet ihre Mitarbeiter nach einem Milliardenverlust im ersten Quartal auf herbe Einschnitte vor. Das Management will die Kosten im Vergleich zum Vorkrisenniveau "deutlich" senken. Denn nach der Krise muss der Konzern die erhofften staatlichen Finanzhilfen wohl aus dem laufenden Geschäft zurückzahlen. Dabei dürfte sich der Passagierverkehr nur sehr langsam erholen.

Doch genau hier liegt nach Ansicht des Airline-Experten Daniel Roeska vom Investmenthaus Bernstein der Hase im Pfeffer: "Die Details zur Restrukturierung bleiben unklar." Zwar hätten die Töchter Austrian Airlines und Brussels Airlines die Kürzungspläne für die Flotte und das Personal in Zahlen konkretisiert. "Für die Lufthansa als große Airline gibt es aber noch keinen solchen Plan."

Im gleichen Atemzug zeigte der Analyst hierfür aber auch Verständnis: "Das Ausmaß des Umbaus ist immens." Vereinbarungen mit den Gewerkschaften über einen drastischen Stellenabbau oder über Lohn- und Gehaltskürzungen oder gar beides dürften zur Herkulesaufgabe werden. "Das Unternehmen muss in diesen Verhandlungen noch mehr Geschick an den Tag legen als jemals zuvor", schrieb Roeska.

Die Lufthansa wird im kommenden Jahr voraussichtlich noch knapp 40 Prozent der bisher 763 Flugzeuge am Boden lassen und 2022 noch rund ein Viertel. "Das bedeutet, dass die Löhne und Gehälter noch stärker sinken müssten, damit sich das Unternehmen entschuldet", kalkulierte Roeska. Dies könne also ein Ansatzpunkt für die Verhandlungen mit den Gewerkschaften sein. Das Erwirtschaften freier Barmittel zum Abbau der Schulden dürfte aber zur Herausforderung werden angesichts der hohen Konzernkosten.

Trotz dieser schwierigen Situation waren Anleger in den vergangenen Monaten für die Lufthansa etwas gnädiger gestimmt als für die anderen großen europäischen Fluggesellschaften. In der Corona-Krise war der Kurs der Lufthansa um fast die Hälfte eingebrochen. Den Kurs der IAG hatte es mit fast 75 Prozent deutlich schwerer getroffen. Auch Air France-KLM waren im Krisentief um mehr als 60 Prozent abgesackt./bek/stw/jha/

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