BIP und Ifo-Geschäftsklimaindex: Warnende Wirtschaftsindikatoren finden an der Börse kein Gehör

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Das war knapp! Die deutsche Wirtschaft ist 2018 wegen der schwächelnden Industrie gerade so an einer Rezession vorbeigeschrammt.

Das Statistische Bundesamt bestätigte am Freitag eine frühere Schätzung, wonach das Bruttoinlandsprodukt von Oktober bis Dezember 2018 auf dem Niveau des Vorquartals stagnierte. Im dritten Vierteljahr ist die Produktion in Deutschland um 0,2 Prozent geschrumpft – das erste Mal seit dreieinhalb Jahren. Laut Definition wird bei zwei rückläufigen Quartalen in Folge von Rezession gesprochen.

Sorgenkind Automobilbranche

Besonders belastend wirkte sich das schwache Abschneiden der Autoindustrie auf die Wirtschaft aus, Probleme mit der Umstellung auf den neuen Abgasprüfzyklus hatten einen Zulassungsstau ausgelöst und zu Produktionsausfällen geführt. Aber auch das Niedrigwasser auf wichtigen Flüssen wie dem Rhein bremste die Schifffahrt aus, wodurch wiederum Lieferketten der chemische Industrie unterbrochen wurden.

Verhindert wurde die Rezession letztendlich von zunehmenden Investitionen – insbesondere in Bauten – und Konsum von Staat und Verbrauchern. Insgesamt wuchs das Bruttoinlandsprodukt  2018 um 1,4 Prozent. Für das laufende Jahr geht die Bundesregierung von einem Wachstum von einem Prozent aus. Die schwächere Weltkonjunktur, Handelskonflikte und Risiken wie der Brexit belasten derzeit.

Deutsche Chefs zeigen sich besorgt

Auch die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar stärker verschlechtert als angenommen. Das Barometer für das Geschäftsklima sank im Februar unerwartet deutlich um 0,8 auf 98,5 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9.000 Managern mitteilte. Nach dem sechsten Rückgang in Folge liegt das Stimmungsbarometer auf dem tiefsten Stand seit Dezember 2014. Analysten hatten einen Rückgang auf 98,9 Punkte erwartet.

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„Die Sorgen in den deutschen Chefetagen nehmen weiter zu.“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Die deutsche Konjunktur bleibt schwach.“

Brexit und Handelskrieg: Zu viele Risiken

Die Führungskräfte beurteilten ihre Geschäftslage und die Aussichten für die kommenden sechs Monate schlechter. Das Klima trübte sich sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistern und in der Baubranche ein. Lediglich der Handel stemmte sich gegen den Abwärtstrend.

„Der erneute Fall ist wenig ermutigend“, sagte Uwe Burkert, Chefvolkswirt bei der Landesbank LBBW. „Für eine Trendwende zurück nach oben müssen erst einmal die beiden Event-Risiken Brexit und Handelsstreit geklärt werden.“ Für die Experten gilt selbst eine Rezession nicht als ausgeschlossen. „Auf Basis unseres Modells, in das die Ifo-Geschäftserwartungen eingehen, beträgt die Rezessionswahrscheinlichkeit mittlerweile fast 40 Prozent“, sagte der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit, Andreas Rees. „Vor allem der Gegenwind aus der Weltwirtschaft macht den deutschen Unternehmen schwer zu schaffen: die globale Konjunkturverlangsamung, die Unsicherheit durch Brexit, die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China sowie die angedrohten US-Zölle auf europäische Autos.“

Trump bedroht Exporte

Für das laufende erste Quartal 2019 kalkuliert das Ifo-Institut derzeit einen Wachstum von 0,2 Prozent. Jedoch spiegele sich die Warnung von US-Präsident Donald Trump vor Strafzöllen auf Auto-Importe noch nicht in den Exporterwartungen wider, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Sollten sie tatsächlich kommen, dürften die Exportaussichten abstürzen, warnte er.

Den deutschen Leitindex und seine kleineren Geschwister haben die warnenden Anzeichen für die Wirtschaft zumindest am Freitag nicht negativ beeinflusst. Der Dax steht derzeit mit 0,35 Prozent plus immer noch solide über der zurückeroberten 11.400er Marke. Auch M- und SDax können sich bisher über der Gewinnlinie halten.

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Foto: Supavadee butradee / Shutterstock.com

OnVista/dpa-AFX

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