Boehringer Ingelheim fährt auf Sicht - Keine Prognose wegen Corona-Krise

Reuters · Uhr

Frankfurt (Reuters) - Nach einem deutlichen Umsatz- und Ergebnisanstieg im vergangenen Jahr wagt Deutschlands zweitgrößter Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wegen der Corona-Krise keine Prognose für 2020.

"Aufgrund der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie können wir derzeit keinen Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020 geben", teilte das Familienunternehmen am Mittwoch mit. "Wir konzentrieren uns darauf, die Auswirkungen der Krise zu begrenzen, indem wir die Arzneimittelversorgung der Patienten und Tiere sicherstellen." Ein wachsendes Team von mehr als 100 Wissenschaftlern forsche bei Boehringer nach Behandlungsmöglichkeiten für die durch das Virus verursachte Lungenkrankheit COVID-19. Impfstoffe für Menschen seien jedoch kein Forschungsschwerpunkt des Unternehmens.

"Wir screenen unter anderem unsere gesamte Moleküldatenbank mit mehr als einer Million Substanzen, um mögliche Moleküle zu identifizieren, die das Virus bekämpfen könnten", sagte Boehringer-Chef Hubertus von Baumbach. Klinische Studien aus seinen bisherigen Forschungsprogrammen musste Boehringer anders als andere Arzneimittelhersteller wie etwa Eli Lilly bislang wegen der Pandemie noch nicht unterbrechen. Es sei aber möglich, dass die Aufnahme neuer Patienten bei einigen Studien ausgesetzt werden oder Boehringer für eine gewisse Zeit auf den Beginn neuer klinischer Studien verzichten müsse.

Im vergangenen Geschäftsjahr profitierte Boehringer von einem starken Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Dabei erwies sich vor allem das Diabetesmittel Jardiance als Wachstumstreiber, das seinen Umsatz um 47 Prozent auf 2,15 Milliarden Euro ausbaute. Im Geschäftsfeld mit Tierarzneien, das gut ein Viertel des Konzernumsatzes ausmacht, legte der Umsatz nur dank Währungseffekten leicht zu. Belastend wirkte sich dort der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Asien aus. Der Umsatz mit einem Schweineimpfstoff des Unternehmens brach deshalb um mehr als ein Fünftel ein.

Insgesamt fuhr Boehringer 2019 einen Umsatz von knapp 19 Milliarden Euro ein, ein Zuwachs von rund neun Prozent. Dazu trugen auch positive Währungseffekte bei; währungsbereinigt betrug das Umsatzplus 5,7 Prozent. Gut 18 Prozent des Umsatzes, fast 3,5 Milliarden Euro, investierte der Konzern in Forschung und Entwicklung. Das Betriebsergebnis stieg um fast neun Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Vor der weltweiten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus war Boehringer für 2020 noch von einer um Währungseffekte bereinigten leichten Erlössteigerung ausgegangen, wie aus dem Mittwoch veröffentlichten Geschäftsbericht hervorging. Das Betriebsergebnis sollte sich angesichts eines schwierigeren Markumfelds für die Pharmaindustrie auf Vorjahresniveau bewegen.

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