Commerzbank-Aktionäre feiern Führungswechsel

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

- von Hans Seidenstuecker und Tom Sims

Frankfurt (Reuters) - Die Commerzbank-Aktionäre feiern den bevorstehenden Abgang von Vorstandschef Martin Zielke und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann.

Die seit Monaten gebeutelten Aktien legten am Montag um gut acht Prozent auf 4,46 Euro zu und waren damit stärkster Gewinner im Nebenwerteindex MDax. Die Anleger scheinen der Meinung zu sein, dass "jeder neue CEO, wer auch immer das sein mag, keine schlechtere Arbeit als sein Vorgänger machen wird", sagte Marktanalyst Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Die Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's (S&P) zeigten sich dagegen wegen des Führungsvakuums beunruhigt.

Nach einem heftigen Streit um die künftige Ausrichtung der Bank hatten sowohl Vorstandschef Zielke als auch Aufsichtsratschef Schmittmann am Freitagabend ihren Rückzug angekündigt. Der Finanzinvestor Cerberus, mit gut fünf Prozent zweitgrößter Aktionär der Bank hinter dem Bund, hatte mit seiner öffentlichen Kritik an den wenig ambitionierten Plänen für den Konzernumbau und deren schleppenden Umsetzung anderen Großaktionären aus dem Herzen gesprochen.

Zielke arbeitete seit Monaten an einer Verschärfung des Sparkurses, nachdem seine im Herbst präsentierte Strategie bei Investoren und Bankenaufseher durchgefallen war. Die Pläne wollte der 57-Jährige spätestens mit den Halbjahreszahlen am 5. August präsentieren. Insidern zufolge steht mit dem Abbau von insgesamt 11.000 Stellen die Streichung von jedem vierten Arbeitsplatz im Raum. Auch könnten mit 400 Filialen doppelt so viele Geschäftsstellen geschlossen werden, wie geplant.

Mit dem Führungsvakuum wackelt jedoch der Zeitplan. Verdi-Vertreter und Commerzbank-Aufsichtsrat Stefan Wittmann sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND), dass die Verhandlungen über den Stellenabbau erst im Januar 2021 beginnen können. Er forderte den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Mit Altersteilzeit oder Vorruhestand könnten 7000 bis 8000 Stellen abgebaut werden. "Dieser Prozess müsste bis Mitte 2026 laufen", sagte Wittmann.

INVESTOREN - ENTSCHEIDUNG ZU NEUEM CHEF NICHT ÜBERSTÜRZEN

Auf der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch dürften statt der Strategie nun Personalfragen im Mittelpunkt stehen. Mit Spannung wird beobachtet, ob weitere Aufsichtsräte oder Manager ihren Hut nehmen und wer in das Kontrollgremium einzieht. Cerberus hatte auf zwei Mandate im Aufsichtsrat gedrängt, war damit aber bei Schmittmann auf Granit gebissen. Die Amerikaner waren im Sommer 2017 bei der Commerzbank eingestiegen und hatten mit ihrem Investment bislang wenig Freude. Damals notierte die Aktie noch bei über zehn Euro, die Hoffnung auf eine Fusion mit der Deutschen Bank zerschlug sich. Nun ist die Commerzbank erst einmal mit sich selbst beschäftigt, eine schnelle Neuauflage von Fusionsgesprächen zeichne sich nicht ab, sagten mehrere Insider.

Als mögliche interne Kandidaten für die Zielke-Nachfolge werden Firmenkundenchef Roland Boekhout sowie Finanzchefin Bettina Orlopp gehandelt. Orlopp wechselte 2014 vom Beratungsunternehmen McKinsey zur Commerzbank und sitzt seit 2017 im Vorstand, seit März als Finanzchefin. Boekhout, der von 2010 bis 2017 das erfolgreiche Deutschland-Geschäft der niederländischen Großbank ING führte, stieß Anfang des Jahres zu dem Frankfurter Institut.

Mehrere Großaktionäre erklärten, die Commerzbank könne sich zwar kein langes Führungsvakuum leisten, dürfe die Entscheidung aber auch nicht überstürzen. So müsse sie sich auch nach externen Kandidaten umschauen. "Das plötzliche Ausscheiden des Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden der Commerzbank erfordert ein geordnetes Nachfolgeverfahren zur Besetzung der vakanten Positionen", erklärte ein Cerberus-Sprecher. Erst müsse ein neuer Aufsichtsratschef gefunden werden, danach könne dann der Prozess zur Bestimmung des Zielke-Nachfolgers beginnen.

Aufsichtsratsmitglied Nicholas Teller will die Führung des Kontrollgremiums nicht übernehmen, wie mehrere Insider sagten. Nach der Absage des früheren Commerzbank-Managers müsse die Bank wohl extern einen Aufsichtsratschef suchen, sagte einer von ihnen. Der scheidende Aufsichtsratschef Schmittmann will bis zum 3. August an Bord bleiben, Zielke will spätestens Ende des Jahres ausscheiden.

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