Corona-Krise brockt US-Banken kräftige Gewinnrückgänge ein

Reuters · Uhr

- von Elizabeth Dilts Marshall und Hans Seidenstuecker

New York (Reuters) - Milliardenschwere Vorsorge gegen Kreditausfälle in der Corona-Krise hat den US-Großbanken die Ergebnisse verhagelt.

Der Gewinn von Branchenprimus JP Morgan halbierte sich im zweiten Quartal auf 4,7 Milliarden Dollar, wie das Geldhaus am Dienstag mitteilte. Noch schlimmer traf es den Rivalen Citigroup mit seinem großen Kreditkartengeschäft: Sein Überschuss brach um 73 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar ein. Immerhin konnten sich die beiden Wall-Street-Häuser über ein brummendes Kapitalmarktgeschäft und Investmentbanking freuen. Das fehlt dem Rivalen Wells Fargo, der mit einem Verlust von 2,4 Milliarden Dollar in den roten Zahlen landete.

"Unsere Einschätzung über die Dauer und Schwere des Konjunktureinbruchs hat sich gegenüber dem letzten Quartal deutlich verschlechtert", sagte Wells-Fargo-Chef Charlie Scharf. Denn die Zahl der Corona-Infektionen in den USA steigt fast täglich auf einen neuen Rekord. Viele Bundesstaaten fahren daher ihre Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Virus wieder hoch, die Hoffnung auf eine schnelle Konjunkturerholung hat sich zerschlagen. Dadurch geraten immer mehr Unternehmen in Schieflage und zahlreiche Verbraucher können in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit ihre Rechnungen nicht mehr zahlen. JP Morgan stockte daher die Rückstellungen für faule Kredite um gut neun Milliarden auf 10,5 Milliarden Dollar auf, Wells Fargo erhöhte sie auf 9,5 Milliarden Dollar und Citigroup auf 5,6 Milliarden. "Trotz zuletzt einiger positiver Konjunkturdaten und entschlossener Maßnahmen der Regierung herrscht nach wie große Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten", sagte JP-Morgan-Chef Jamie Dimon. Schnelle Besserung erwartet die Bank nicht: Auch im ersten Halbjahr 2021 werde die Arbeitslosenquote im zweistelligen Prozentbereich liegen, sagte Finanzchefin Jennifer Piepszak voraus.

Neben Kreditausfällen setzen auch die niedrigen Zinsen den US-Geldhäusern zu, da die US-Notenbank Fed im Kampf gegen die Krise den Leitzins auf Nahe Null Prozent gesenkt. Im Gegensatz zu ihren europäischen Rivalen müssen sie allerdings keine Strafzinsen zahlen. Bei Wells Fargo brach der Zinsüberschuss im zweiten Quartal um 18 Prozent ein, bei der Citigroup um sieben Prozent und bei Wells Fargo um vier Prozent.

US-BANKEN HALTEN AN DIVIDENDEN FEST

Ein Lichtblick für JP Morgan und Citigroup war aber das brummende Kapitalmarktgeschäft. Unternehmen heuerten die Wall-Street-Häuser an, um sich in der Krises frisches Geld am Kapitalmarkt zu besorgen. Zudem profitierten die Banken von höheren Margen. JP Morgan konnte die Konzernerträge im zweiten Quartal um 15 Prozent auf fast 34 Milliarden Dollar steigern, die Citigroup immerhin noch um fünf Prozent auf knapp 19,8 Milliarden.

Insbesondere der Anleihenhandel brummte. Davon dürfte auch die Deutsche Bank profitieren, die trotz des radikalen Konzernumbaus nach wie vor ein großes Rad in dem Geschäft dreht. Einen Gewinn trauen die Analysten dem größten deutschen Geldhaus im Gegensatz zu den Wall-Street-Rivalen jedoch nicht zu. Im Schnitt erwarten die Experten einen Verlust vor Steuern von 365 Millionen Euro, wenn die Bank am 29. Juli ihre Zahlen vorlegt.

JP Morgan will trotz der mauen Aussichten weiterhin Dividenden zahlen - außer die Wirtschafslage trübe sich erheblich ein, wie Dimon sagte. Und selbst Wells Fargo will trotz der roten Zahlen eine Quartalsdividende von zehn Cent je Aktie ausschütten, die allerdings nur noch ein Fünftel so hoch ist wie zuletzt. Darauf können Anleger in europäische Bankentitel vorerst nur hoffen. Wegen der Belastungen aus der Corona-Krise verzichten die meisten Geldhäuser auf Druck der Bankenaufseher vorerst auf eine Gewinnausschüttung.

JP Morgan, Citigroup und Wells Fargo eröffneten die Bilanzsaison der US-Großbanken. Am Mittwoch will Goldman Sachs seine Zahlen präsentieren, am Donnerstag folgen Bank of America und Morgan Stanley.

Meistgelesene Artikel