Corona-Krise: Laut einem US-Notenbank-Mitglied ist die wahre Lage am US-Arbeitsmarkt viel verheerender als gedacht – Haben die Märkte das wirklich eingepreist?

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Auf dem US-Arbeitsmarkt sieht es nach Angaben des US-Notenbankmitglieds Neel Kashkari noch viel verheerender aus als offiziell bekannt.

Tatsächlich liege die Arbeitslosenquote aktuell bei 24 oder 25 Prozent und nicht bei den amtlich genannten 14,7 Prozent, sagte der Präsident des Fed-Ablegers in Minneapolis am Donnerstag. Auch sei unklar, wann dort das Schlimmste überstanden sei. Das hänge davon ab, ob die vorübergehende Freistellung von Mitarbeitern in dauerhafte Kündigungen münden würden.

Die US-Regierung hatte Ende vergangener Woche erklärt, außerhalb der Landwirtschaft seien im Zuge der Virus-Krise im April 20,5 Millionen Jobs gestrichen worden. Die Arbeitslosenquote stieg von 4,4 auf 14,7 Prozent – den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Ministerium hatte aber auch erklärt, die tatsächliche Zahl der Arbeitslosen dürfte um 7,5 Millionen höher sein. Kashkari und andere Experten gehen davon aus, das sich wegen der Ausgangsbeschränkungen viele US-Bürger nicht bei den Behörden als Arbeitssuchend melden – und darum nicht in der Statistik auftauchen. Seit Mitte März haben insgesamt rund 36,5 Millionen US-Bürger Arbeitslosenhilfe beantragt.

Inzwischen sei auch klar, dass es keine schnelle Erholung der Wirtschaft geben werde, sagte Kashkari. Das „V“-Szenario, bei dem es wie bei dem Buchstaben scharf nach unten, aber auch schnell wieder scharf nach oben gehe, sei „vom Tisch“. Fed-Chef Jerome Powell hatte sich am Mittwoch ähnlich geäußert und erklärt, der US-Wirtschaft drohe eine „längere Periode“ mit niedrigem Wachstum und stagnierenden Einkommen.

Wenn das zwei Monate greifende Hilfsprogramm der Regierung („PPP“) auslaufe, werde es einen Anstieg der Firmenpleiten geben, sagte Kashkari voraus. Geschehe dies in der Industrie im großen Stil, würden damit auch Produktionskapazitäten abgebaut. Das müsse verhindert werden. Benötigt würden auch Hilfen für die Bürgerinnen und Bürger, damit sie ihre Miete und ihr Essen bezahlen könnten. „Die Menschen, die ihre Jobs verloren haben, brauchen jetzt Geld in ihren Taschen.“

Aktienmärkte spiegeln die wahre Situation noch nicht wieder

Er selbst lasse sich auch nicht durch die Entwicklung am Aktienmarkt beruhigen, sagte der Notenbanker. Er höre mehr auf Gesundheitsexperten als auf Investoren. Der US-Index Nasdaq war aus Sorge vor den Virus-Folgen von knapp 9800 Punkten Mitte Februar auf rund 6900 Mitte März abgesackt, hat danach aber – trotz teils überraschend schlechter Wirtschaftsdaten – einen Großteil des Verlusts wieder wettgemacht und notierte Anfang der Woche bei über 9100 Zählern. Auch der Dow Jones und der S&P 500 haben sich nach dem Corona-Crash im März wieder deutlich erholen können, notieren mit aktuell 23.700 bzw. 2860 Punkten noch ein gutes Stück entfernt von ihren Vorkrisenniveaus.

In Kreisen der Analysten zeichnet sich zudem immer sorgenvollere Prognosen für die weitere Entwicklung der Märkte ab. Herbe Gewinneinbrüche, Kreditausfälle, Rückgänge bei den Aktienrückkäufen und noch bevorstehende Firmenpleiten werden sich erst noch an den Märkten bemerkbar machen so der Tenor einiger Marktbeobachter. Das abgelaufene erste Quartal hat erst den Beginn der Krise aufgezeigt, das wahre Ausmaß der Schäden dürfte erst in den Daten des zweiten Quartals ersichtlich werden.

EY-Studie: Gewinn der Dax-Konzerne bricht im ersten Quartal massiv ein - Das zweite Quartal dürfte jedoch erst das wahre Ausmaß der Corona-Krise offenbaren

onvista-Redaktion/reuters

Titelfoto: max dallocco / Shutterstock.com

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