Dax schwächelt zum Wochenauftakt: Ist die Tür zur größeren Korrektur jetzt offen? Wirecard im freien Fall, Lufthansa unter Druck, Symrise erlangt Rekordhoch

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Die Furcht vor einer zweiten Welle in der Coronavirus-Pandemie hat den europäischen Anlegern zum Wochenauftakt die Stimmung verdorben.

Pierre Veyret, Analyst beim Handelshaus ActivTrades, verwies auf steigende Infektionszahlen in Deutschland, Australien und den USA. „Es ist schwierig zu sagen, ob die derzeitige Konsolidierung die Tür zu einer Korrektur öffnet, oder ob es nur eine Pause ist, bevor die Kurse auf neue Höchststände klettern.“

Dax und EuroStoxx50 gaben am Montag 0,6 beziehungsweise 0,9 Prozent auf 12.262,97 und 3239,89 Punkte nach. In den USA notierten die Kurse kaum verändert.

Unter anderem wegen eines Coronavirus-Ausbruchs in einem Schlachthof liegt der Virus-Reproduktionsfaktor „R“ in Deutschland laut Robert-Koch-Institut deutlich über eins. Dies bedeutet, dass ein Infizierter mehr als eine weitere Person ansteckt. Parallel dazu meldete die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Rekordanstieg der Neuinfektionen weltweit. „Ein erneutes Herunterfahren der Weltwirtschaft dürfte den Börsen stark zusetzen“, warnte Analyst Timo Emden von Emden Research.

Vor diesem Hintergrund suchten einige Anleger Schutz in „sicheren Häfen“. Der Preis der „Krisen-Währung“ Gold stieg um ein knappes Prozent auf 1759,21 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) und lag nur noch etwa sechs Dollar unter seinem Siebeneinhalb-Jahres-Hoch vom Mai. Bundesanleihen waren ebenfalls gefragt. Dadurch sank die Rendite der zehnjährigen Titel auf minus 0,442 Prozent.

Bei den Unternehmen stand erneut Wirecard im Mittelpunkt. Die Aktien des von einem Bilanzskandal erschütterten Zahlungsdienstleisters stürzten um weitere 44 Prozent ab und waren mit 12,99 Euro zeitweise so billig wie zuletzt vor acht Jahren. Dem Management zufolge existieren die fehlenden rund zwei Milliarden Euro mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht. Insidern zufolge stehen Haftbefehle im Raum. „Wirecard muss sich nun darauf konzentrieren, sich notwendige Kreditlinien zu sichern, um das operative Geschäft am Laufen zu halten“, mahnte Analyst Wolfgang Specht vom Bankhaus Lampe.

Kreditgebenden Banken wie etwa der Commerzbank könnten womöglich Abschreibungen drohen, hieß es zudem am Markt. Fallen gelassen werden soll Wirecard aber nicht, wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete. „Keiner hat ein Interesse daran, den Kredit zu kündigen“, hieß es demnach aus einem der beteiligten Geldhäuser. Die Papiere der Deutschen Bank gaben um 0,4 Prozent nach, jene der Commerzbank legten um 0,1 Prozent zu.

Ermittlungsverfahren belastet Minenkonzern Glencore

Im Visier der Behörden befindet sich auch Glencore. Die Schweizer Staatsanwaltschaft leitete strafrechtliche Ermittlungen wegen angeblicher Missachtung von Anti-Korruptionsmaßnahmen ein. Auch die Justiz in den USA und Großbritannien geht gegen den Bergbaukonzern vor. In allen drei Fällen sei unklar, wie lange die Ermittlungen dauern und welche Strafen es am Ende gebe, konstatierte Analyst Ban Davis von der Investmentbank Liberum. Glencore-Titel rutschten um 3,3 Prozent ab.

Die Anteilsscheine der Deutsche Wohnen stiegen an ihrem ersten Tag im Dax um 1,3 Prozent, während die Aktien der Lufthansa an ihrem ersten Tag im MDax um 3,2 Prozent nachgaben. Zeitweise waren sie am Morgen sogar um rund 9 Prozent abgesackt. Am Gelingen der Rettung der in der Coronoa-Krise unter die Räder gekommenen Fluggesellschaft gibt es Zweifel. Das neun Milliarden Euro schwere staatliche Rettungspaket wackelt. Drei Tage vor der außerordentlichen Hauptversammlung blieb die Strategie des Großaktionärs Heinz Hermann Thiele unklar.

Die Anteilsscheine des Aromen- und Duftstoffherstellers Symrise erreichten am Morgen ein Rekordhoch bei 100,70 Euro, fielen jedoch ab und schlossen 0,9 Prozent tiefer. Delivery Hero endeten kaum verändert bei 90,20 Euro. Beide Aktien werden als Nachfolger für Wirecard gehandelt, sobald dessen Aktie – wohl spätestens im September – aus dem Dax genommen werden dürfte.

Mit einem Plus von 2,8 Prozent zum Sitzungsende und einem Rekordhoch von 84,50 Euro im Handelsverlauf zeigten sich die Aktien des Spezialverpackungsherstellers Gerresheimer in starker Form. Die Papiere sind seit diesem Montag Mitglied im Stoxx Europe 600. Die Anteilsscheine des Kochboxen-Lieferanten Hellofresh machten einen Sprung um gut 5 Prozent nach oben und erreichten ebenfalls eine neue Bestmarke.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,43 Prozent am Freitag auf minus 0,44 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,06 Prozent auf 144,92 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,23 Prozent auf 176,06 Zähler.

Am Devisenmarkt legte der Euro in einem überwiegend ruhigen Umfeld auf 1,1260 US-Dollar zu. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,1213 Dollar festgesetzt.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: anathomy / Shutterstock.com

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