Deutsche Bank - Commerzbank: Übernahme nur die logische Konsequenz?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das Analysehauses RBC beziffert die Möglichkeit eines Zusammenschlusses der beiden größten deutschen Bankhäuser heute auf 50 Prozent. Einen möglichen Übernahmepreis liefert die Analyse direkt mit: Er könnte bei 13 Euro liegen.

Schon „Spiegel online“ hatte vergangene Woche unter Berufung auf Insider berichtet, dass eine Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank immer mehr Befürworter findet. Dazu sollen auch die beiden Führungsspitzen der Bank gehören. Commerzbank-Chef Zielke wird in dem Artikel mit den Worten „er würde lieber heute als morgen“ zitiert. Warum der Vorstandsvorsitzende so schnell zu Werke gehen möchte, liegt auf der Hand. Die europäischen Banken geraten gegenüber der amerikanischen Konkurrenz immer mehr ins Hintertreffen.

Der Abstand wird immer größer

Europas Großbanken konnten zwar im ersten Halbjahr ihre Gewinne im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigern, aber dafür hat die US-Konkurrenz nur ein müdes Lächeln übrig. Auf der anderen Seite des Atlantiks stiegen die Überschüsse erneut deutlich kräftiger, wie eine Ende August veröffentlichte Auswertung des Beratungsunternehmens Ernest & Young (EY) ergab.

US-Banken deutlich profitabler

Demnach verdienten die zehn nach Bilanzsumme größten Geldinstitute in Europa in den ersten sechs Monaten 2018 unter dem Strich zusammen 26,3 Milliarden Euro und damit 9 Prozent mehr als im vergangenen Halbjahr. Die zehn größten US-Banken kamen auf umgerechnet rund 69,1 Milliarden Euro. Das entspricht einer Steigerung von gut 19 Prozent. Noch deutlicher ist der Unterschied beim Vorsteuergewinn: Während die US-Geldhäuser ihn auf 87,5 Milliarden Euro steigern konnten, präsentierten die europäischen Finanzinstitute mit 40,6 Milliarden Euro eine Stagnation.

Das erste Quartal 2018 ist kein Einzelfall

„Seit 2012 sind die Gewinne der amerikanischen Banken zum Ende eines ersten Kalenderhalbjahres jeweils mindestens doppelt so hoch wie die ihrer europäischen Konkurrenten.“ Die Schere zwischen den Finanzinstituten diesseits und jenseits des Atlantiks scheint immer größer zu werden.

Trumps Steuerreform macht den Unterschied

Im laufenden Jahr profitierten die US-Institute vom Boom der heimischen Wirtschaft und der Steuerreform der amerikanischen Regierung. In Europa sind zehn Jahre nach der jüngsten Finanzkrise die Altlasten noch immer nicht abgearbeitet. „Insgesamt ist die Gewinnsituation der europäischen Banken nach wie vor weit entfernt vom Vorkrisenniveau und immer noch nicht zufriedenstellend“, stellt EY-Bankenexperte Dirk Müller-Tronnier fest. „Nach wie vor belasten Abschreibungen sowie Restrukturierungs- und Rechtskosten die Bilanzen.“

US-Krisenmanagement war wohl besser

Die amerikanische Regierung hatte den Banken nach der Krise 2007/2008 zwangsweise Staatsgeld verordnet und sorgte so nach Ansicht vieler Experten dafür, dass sich die heimische Finanzbranche deutlich schneller erholte. Erschwerend kommt in Europa hinzu, dass der Markt sehr stark zerklüftet ist und sehr viele Banken um Kunden buhlen. Zudem drücken die historisch niedrigen Zinsen im Euroraum die Erträge. Während die US-Notenbank Fed die Zinsen längst wieder angehoben hat, dürfte die Europäische Zentralbank frühestens im Herbst 2019 eine Zinswende in der EU einleiten.

Marktkapitalisierung der US-Banken deutlich höher

Bei den deutlichen Unterschieden ist es kein Wunder, dass die amerikanischen Finanzhäuser an der Börse weit mehr wert sind. Die Marktkapitalisierung der zehn größten US-Banken ist bis zum Stichtag 3. August 2018 auf gut 1,3 Billionen Euro angestiegen. Bei der europäischen Konkurrenz ist der Börsenwert rückläufig. Die zehn größten europäischen Institute kommen zusammen nur auf 561 Milliarden Euro.

EU-Banken zum Handeln gezwungen

Die aufgezeigte Entwicklung ist nicht neu und in den Vorstandsetagen der europäischen Finanzinstitute bestens bekannt. „Es ist ganz klar: Der Konsolidierungsdruck in Europa wird noch erheblich zunehmen“, erläuterte der neue Deutsche Bank Chef Christian Sewing Ende August bei einer Bankentagung in Frankfurt. „Europa braucht nicht möglichst viele Banken, Europa braucht vor allem starke Banken“, so Sewing weiter.

Zusammenschluss unausweichlich?

Damit die amerikanischen Banken ihrer europäischen Konkurrenz nicht noch weiter enteilen, wäre eine Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank wohl die logische Konsequenz. Daher sollte die Diskussion nicht lauten, ob die beiden größten deutschen Geldhäuser zusammengehen, sondern wann sich die beiden Finanzinstitute zusammenschließen.

Von Markus Weingran

Foto: Hadrian / Shutterstock.com

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