Deutsche Reisewarnung würde kroatische Tourismusbranche hart treffen

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die kroatische Tourismusbranche fürchtet eine Reisewarnung der Bundesregierung für das beliebte Reiseland an der Adria. Eine Reisewarnung aus Deutschland "würde uns am härtesten treffen", sagte der Direktor der kroatischen Zentrale für Tourismus in Frankfurt, Romeo Draghicchio, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Deutschen sind unsere Urlaubsgruppe Nummer eins." Derzeit hielten sich etwa 180 000 Urlauber aus Deutschland in dem EU-Land an der Adria auf.

Angesichts mehrerer Corona-Fälle unter Reiserückkehrern aus Kroatien in den vergangenen Tagen hatten ranghohe Politiker eine Reisewarnung gefordert. Das Robert Koch-Institut stuft Kroatien bisher nicht als Corona-Risikogebiet ein.

"Kroatien liegt auch jetzt ziemlich deutlich unter dem Wert von 50 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen", sagte Draghicchio. "Zurzeit sind wir ungefähr bei 25 bis 27." Er betonte, angesichts von 1,2 Millionen Urlaubern aus Deutschland seit der Aufhebung der allgemeinen Reisewarnung Mitte Juni machten erkrankte Reiserückkehrer nur 0,03 Prozent der Corona-Fälle unter rückkehrenden deutschen Kroatien-Urlaubern aus.

Zuletzt hatte Kroatien einen scharfen Neuanstieg an Corona-Fällen registriert. Am Mittwoch meldeten die Behörden einen Höchstwert von 219 Fällen innerhalb der vergangenen 24 Stunden. Damit gibt es in dem Land mit etwa 4,19 Millionen Einwohnern nun 1520 aktive Fälle. "Die Lage hat sich etwas geändert in den letzten Tagen, die Zahl der Neuerkrankungen ist etwas höher", räumte Draghicchio ein. Zugleich betonte er: "Aber wir glauben, dass die Lage noch im Griff ist." Er zeigte sich zuversichtlich, dass mithilfe neuer Maßnahmen die Zahlen bald wieder sinken. So müssen Clubs nun um Mitternacht schließen. Außerdem gelten Abstandsregeln sowie Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr sowie in geschlossenen öffentlichen Räumen.

Die beliebtesten Urlaubsregionen seien zudem kaum betroffen, sagte Draghicchio. So hielten sich derzeit in Istrien etwa 80 000 Urlauber aus Deutschland auf, in der Region gebe es nur 20 aktive Fälle. Ähnlich sei es in der Kvarner Bucht: Dort gebe es 40 000 Urlauber aus Deutschland und etwa 40 aktive Corona-Fälle. "Das bedeutet, dass die Urlauber aus Deutschland sicher sind."

Der Tourismus ist eine sehr wichtige Branche in Kroatien: Er macht etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Tourismussaison dauert normalerweise bis Oktober. Im Falle einer deutschen Reisewarnung würde ein Großteil der Einkommen in der Nachsaison wegfallen, sagte Draghicchio. "Wir hoffen, dass es keine Insolvenzen geben wird." Im Jahresvergleich registrierte das Land fast 50 Prozent weniger Urlauber als im Vorjahreszeitraum. "Bis Mitte Juni ging fast nichts. Aber seitdem sind die Zahlen viel besser geworden", sagte der Reiseexperte. Im August seien es bereits 70 Prozent der Ankünfte im Vergleich zum Vorjahr gewesen.

Österreich und Italien haben bereits eine Reisewarnung für Kroatien verhängt. Am (heutigen) Donnerstag will das Nachbarland Slowenien ebenfalls eine Warnung aussprechen. "Die Situation in Kroatien verschlechtert sich dramatisch", sagte der zuständige slowenische Regierungssprecher Jelko Kacin am Mittwoch. Jeder Slowene, der von diesem Freitag an aus Kroatien zurückkehrt, müsse in Quarantäne, kündigte er an. In Slowenien machten Reiserückkehrer aus Kroatien am Montag den Behörden zufolge mehr als die Hälfte der positiven Corona-Fälle aus, die meisten sind junge Menschen unter 35./bvi/DP/stk

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