Die Konjunktur stabilisiert sich. Hoffentlich nicht zu sehr!

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Vor einigen Monaten sah noch alles nach einer Rezession aus. Jetzt sieht alles danach aus, als ob sich diese verhindern ließe. Der Handelsdeal zwischen den USA und China hat die Gemüter zunächst einmal beruhigt, genauso wie die Tatsache, dass der Konflikt mit dem Iran nicht weiter eskaliert ist. Die letzten Wirtschaftsdaten wie auch die Markit-Einkaufsmanagerindizes von heute Morgen für Europa deuten alle auf eine Stabilisierung und wieder besser laufende Konjunktur in den kommenden Monaten hin. Das Impeachment-Verfahren gegen US-Präsident Donald Trump wird am Ende nicht erfolgreich sein und somit auch kein Störfeuer auslösen können. Der Präsident selbst dürfte sich ebenfalls bis zu seiner Wiederwahl im November friedliebender geben, denn er weiß genau, dass jeder neue Konfliktherd, egal ob auf geo- oder handelspolitischer Ebene, zu Verunsicherung in der Wirtschaft und damit nachlassenden Investitionen führt.

Geldpolitik wird zum größten Risiko für die Börse

Für die Aktienmärkte sind dies natürlich zunächst einmal gute Nachrichten. Und in der Tat erwarten die Analysten für 2020 in den USA auch wieder Gewinnsteigerungen der Unternehmen von rund zehn Prozent. Allerdings ist darauf zu achten, ob die Konjunktur möglicherweise so stark anzieht, dass die US-Notenbank Federal Reserve (FED) sich gezwungen sehen könnte, wieder umzusteuern und einen restriktiveren Kurs zu fahren. Dann hätten wir die gleiche Situation wie in 2018 mit den bekannten Bremsspuren an den Aktienmärkten. Denn es war nicht die politische Unsicherheit wie Land auf Land ab kolportiert, sondern die restriktive Politik der FED, die die Aktienmärkte ins straucheln brachte. Denn 2017 war politisch auch nicht alles in Ordnung - Krawallmacher Trump war schon im Amt - und 2019 schon gar nicht. Dennoch waren beide fantastische Aktienjahre. Es lag schlichtweg daran, dass in diesen beiden Jahren die Geldpolitik noch nicht, beziehungsweise nicht mehr restriktiv war.

Jerome Powell könnte sich rächen

Normalerweise ist es so, dass die US-Notenbank in einem Wahljahr die Füße still hält und die Konjunktur unterstützt. Es ist allerdings nicht zu vergessen, dass Donald Trump den amtierenden US-Notenbank-Präsidenten Jerome Powell öffentlich massiv kritisiert hat. Wenn hinter den Kulissen die Wogen nicht mittlerweile geglättet wurden, kann Powell eigentlich nicht erwarten, für eine weitere Amtszeit von Trump ernannt zu werden. Insofern könnte er Interesse an einem Wechsel im Präsidentenamt haben und versuchen, sofern sich dies mit guten Konjunkturdaten begründen ließe, mit Zinserhöhungen Trump in die Suppe zu spucken.

Bisher geben die Daten das sicherlich nicht her, allerdings sollte man ein Auge auf die Lohninflation haben. Die liegt wegen des leer gefegten Arbeitsmarktes stabil über drei Prozent und könnte irgendwann dafür sorgen, dass auch die Kerninflation, die sich schon über der Zielmarke von zwei Prozent befindet, in Richtung drei Prozent wandert. Dann müsste die FED wahrscheinlich stärker bremsen und dann würden zunächst einmal die Ampeln für die Aktienmärkte auf Rot schalten. Noch sind wir dort aber nicht. Aber die Entwicklung sollte aufmerksam beobachtet werden.

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