Dr. Spendigs Nachhaltigkeits-Sprechstunde: Von ESG Ratings und Scores

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Servus und moin, moin allerseits aus München!

In der letzten Sprechstunde haben wir uns mit der Definition von Nachhaltigkeit beschäftigt und erläutert, dass dieser Begriff in der Finanzbranche oft synonym mit den drei Buchstaben ESG verwendet wird.

Hinter jedem dieser drei Buchstaben verbergen sich in der Regel eine Vielzahl von einzelnen Indikatoren, die angeben sollen, wie nachhaltig ein Unternehmen in der jeweiligen Dimension (sei es E für Environment, S für Social und G für Governance) agiert.

Wie aber ergibt sich aus so vielen Bausteinen eine einheitliche Bewertung für ein bestimmtes Unternehmen? Hier wird es kompliziert. ESG Ratingagenturen übernehmen diese Aufgabe. Für tausende von Unternehmen werden dort „ESG Ratings“ oder „ESG Scores“ ermittelt. Dafür werden in einer von Agentur zu Agentur unterschiedlichen Art und Weise nach einer bestimmten Mixtur die „E“-, „S“- und „G“ -Scores zusammengerechnet.

Allein der „E-Score“ wird in der Regel aus mehr als 50 einzelnen Komponenten berechnet. Hierbei gehen beispielsweise Themen wie Behandlung von Giftmüll, Recycling in der Produktion und der Umgang mit natürlichen Bodenressourcen ein. Wie genau werden diese vielen Komponenten bewertet und gewichtet? Sie ahnen es bereits, auch dies hängt von der jeweiligen Ratingagentur ab. Welche Einzelkomponente ist wichtig, welche weniger wichtig? All dies liegt im Ermessen der Agentur. Insofern verwundert es nicht, dass es gar nicht so selten vorkommt, dass das gleiche Unternehmen bei Agentur A besonders nachhaltig bewertet wird, bei Agentur B hingegen nur als Durchschnitt oder sogar unterdurchschnittlich.

Kein Wunder, dass der Ruf nach mehr Standardisierung (oft ein Euphemismus für mehr Regulierung) laut geworden ist. Andererseits gibt es durchaus prominente Fürsprecher der existierenden Ratingvielfalt. Diese argumentieren, dass einheitliche Ratings bei einem kulturell und ethisch nicht eindeutig greifbarem Thema wie der Nachhaltigkeit weder zu erwarten noch wünschenswert seien. Fragen Sie nur einmal in Ihrem Bekanntenkreis, wie diese eine Brauerei unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten bewerten würden. Entweder Sie treffen auf sehr unterschiedliche Meinungen oder Ihre Bekannten stammen aus Bayern.

Ein weiteres Argument gegen zu viel Nivellierung der Ratings ist der Hinweis auf die größtenteils identischen viel zu positiven Kreditratings, die eine heute nur noch den Älteren unter uns bekannte ehemalige Investmentbank 2007/2008 erhalten hatte (vor meinem inneren Auge sah ich Sie gerade bei der Verwendung des Begriffs „Ältere“ zusammenzucken, entschuldigen Sie bitte. Zu den Älteren gehört man selbstverständlich nur für den Fall, dass man noch die Gründung dieser Bank miterlebt hat). Sei es wie es sei, ich persönlich erwarte eine zunehmende Vereinheitlichung der Ratings in den kommenden Jahren.

Besonders fortschrittliche Agenturen erlauben Ihnen übrigens, die Wunderformeln nach eigenem Geschmack zu ändern. Aber macht es überhaupt Sinn E, S und G zu kombinieren? Hierüber lässt sich vortrefflich streiten. Ich persönlich bevorzuge die Bewertung der einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen. Es macht von meiner Warte aus wenig Sinn, Unternehmen, die sich durch gute Governance hervortun, aber im Umweltbereich schlecht abschneiden als „durchschnittlich nachhaltig“ zu bezeichnen. Dies wäre so als würde man einen wunderbaren französischen Wein hälftig mit Essig mischen und von einem durchschnittlichen Wein sprechen wollen.

Auch aus Performancegründen lohnt es sich, die drei Scores einzeln zu betrachten. Weder beim E- noch S-Score gibt es belastbare Hinweise, dass Unternehmen, die in diesen Bereichen gut abschneiden, eine besonders gute Performance zeigen. Anderslautende Aussagen stammen in der Regel von Anbietern der ESG Scores. Ein Schelm, der hier eine gewisse Voreingenommenheit vermutet.

Etwas anders sieht es beim Governance Score aus. Hier gibt es deutliche Indizien, dass eine Investition in Unternehmen mit guter Unternehmensführung weniger riskant ist als in Unternehmen mit schlechter – die Kursverluste von prominenten Unternehmen aus dem DAX fallen einem hier ein. Ob Unternehmen mit guten G Score auch langfristig besser als breite Marktindizes performen, wird die Zukunft zeigen – mir persönlich ist die Beweislage noch zu dünn.

Bleiben Sie nachhaltig gesund! Ihr Dr. Bernd Spendig

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