Drei Fragen an Bernecker: Blicken wir mit Japan auf die europäische und US-Zukunft, steht bei Bayer möglicherweise ein gewaltiger Befreiungsschlag an und wie unterschätzt ist der deutsche Mittelstand?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir, ob bei Bayer möglicherweise ein Befreiungsschlag anstehen könnte, ob wir in Japan die Zukunft für Europa und die USA sehen und ob der deutsche Mittelstand gerade vielleicht besonders unterschätzt ist.

onvista-Redaktion: Der Höhenflug an den Börsen scheint kein Ende zu nehmen. Neben den großen Index-Werten, die meistens im Mittelpunkt stehen, kommen jetzt jedoch auch kleinere Unternehmen in den Fokus, so zuletzt auch der mittelhessische Halbleiter-Zulieferer PVA TePla, der nach glänzenden Zahlen ein 20-Jahreshoch markieren konnte. Sollte man vielleicht gerade jetzt, wo jeder vor den exorbitanten Bewertungen an den Märkten warnt, vermehrt den Blick auf die kleineren, bodenständigeren Werte richten, die noch nicht so extrem gelaufen sind? Speziell auf den deutschen Mittelstand?

Die Qualität deutscher Mid Caps der Technologie wird grundsätzlich unterschätzt. Die jüngsten Übernahmeangebote für drei deutsche Adressen, Siltronic, Dialog und Akasaol, sind der Beleg dafür. Aixtron und LPKF werden gerüchteweise ebenfalls genannt. Dazu gehört auch PVA TePla.

Alle diese Firmen sind hochgradig in der Technologie unterwegs, werden aber kaum wahrgenommen. Wir konzentrieren uns auf diese Firmen sehr gerne, aber es gibt zu wenige davon, um eine wirklich breite Anlagepalette zu erreichen. Das liegt daran, dass Börsengänge solcher Firmen in Deutschland leider kaum erreichbar sind, weil es daran fehlt, dass Banken und andere Institutionen diese sinnvoll begleiten. Die Schätzungen gehen dahin, dass es wohl mehr als 50 - 70 Firmen dieser Art in Deutschland gibt, die man als „börsenreif“ bezeichnen kann. Bleibt die Hoffnung, dass sich diesbezüglich mehr bewegt.

onvista-Redaktion:  Der japanische Leitindex Nikkei konnte zuletzt nach Jahrzehnten wieder die runde Marke von 30.000 Punkten zurückerobern – und das, obwohl die Prognose für Q1 2021 wiederum nicht so gut für die dortige Wirtschaft aussieht. Angesichts der dort noch sehr viel größeren Abhängigkeit der Märkte von der japanischen Notenbank ist das vielleicht trotzdem nicht überraschend, immerhin ist die Bank of Japan der größte Aktionär des Landes und hält die Märkte oben. Blicken wir dort auf die Zukunft, die in Europa und den USA bevorsteht?

Alle Börsen der Welt leben seit vielen Jahren vom Gelddrucken, entweder der Notenbanken oder der Staaten. Japan praktiziert dies seit über 30 Jahren mit der Entflechtung der japanischen Unternehmen untereinander und der Konzentration der Aktienbestände bei beiden Institutionen, Staat und Bank of Japan. Die Verschuldung des Staates erreicht inzwischen mehr als 300 % des BIP und ist Weltrekord. Diese Schulden sind untilgbar, so dass japanische und amerikanische Geldtheoretiker darüber diskutieren, was eine völlig neue Sicht der Dinge ergibt: Verwandlung der Schulden (ganz oder teilweise) in Geld. Das ergäbe eine umfangreiche neue Liquidität mit einem erkennbaren Ansatz für eine beschleunigte Inflation. Ob so etwas wirklich realisiert werden kann, ist offen, aber wahrscheinlich eine Option. Ergo: So lange Geld weiter gedruckt wird, bleiben die Märkte im Trend. Wehe dem, wenn dieser Geldfluss abbricht.

onvista-Redaktion: Bayer hat angekündigt, bis Dezember diesen Jahres die ersten Curevac-Impfstoffe ausliefern zu können. Könnte der Einstieg in die Impfstoff-Produktion zusammen mit einer baldigen, endgültigen Lösung im Glyphosat-Streit für einen gewaltigen Befreiungsschlag bei der Aktie sorgen?

Die Schadensersatzprozesse bei Bayer sind eine unendliche Geschichte. Der Endwert mag noch offen sein, aber: Bayer ist grundsätzlich beschädigt. Die teuer erworbene Tochter Monsanto ist rentabel, aber bleibt ein permanenter Risikofaktor, der sich allein aus dem Produktionsportfolio von Monsanto ergibt. Eine Rückführung von Monsanto an die Börse, etwa mit 50 % oder etwas mehr, wäre eine deutliche Entlastung, a) für das Standing von Bayer als Konzern und b) gleichzeitig für die Bayer-Bilanz nach Vorbild Siemens oder auch Daimler. Bayer wäre gut beraten, darüber ernsthaft nachzudenken. Andernfalls gibt es immer einen Risikoabschlag mit dem genannten Monsanto-Deal.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

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