Erdogan ruft Türken zum Boykott französischer Produkte auf

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Paris/Ankara (Reuters) - Der Streit zwischen Frankreich und der Türkei über Mohammed-Karikaturen und den Umgang mit dem Islam zieht immer weitere Kreise in Politik und Wirtschaft.

Nach seinen Verbal-Attacken gegen den französischen Präsidenten Emmanuel Macron forderte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan am Montag seine Landsleute auf, keine französischen Produkte mehr zu kaufen. Auch in anderen muslimisch geprägten Ländern wurde Kritik an Macron laut, und es gab vereinzelt Aktionen gegen französische Konzerne wie den Kosmetikhersteller L'Oreal. Am Samstag hatte Frankreich seinen Botschafter aus der Türkei abgezogen, nachdem Erdogan Macron scharf attackiert und unter anderem erklärt hatte, Macron gehöre in psychiatrische Behandlung.

Erdogan sagte, er fordere alle Bürger auf, nie französische Marken zu kaufen. Die Auswirkungen seines Aufrufs auf französische Unternehmen sind zwar schwer abzuschätzen. Allerdings sind Autos aus Frankreich in der Türkei bisher sehr beliebt und französische Konzerne weltweit in vielen überwiegend muslimischen Ländern aktiv. In einigen schlug der Streit bereits in die Unternehmenswelt durch: So stoppte in Kuwait eine Supermarktkooperative zur Bestellungen französischer Produkte und ließ in einem Geschäft in Kuwait-Stadt L'Oreal-Kosmetika aus den Regalen räumen. In Saudi-Arabien kursierten im Internet Boykottaufrufe gegen Carrefour. In Supermärkten in der Hauptstadt herrschte am Montag aber der übliche Betrieb.

Die seit längerem herrschenden Spannungen zwischen den Regierungen in Ankara und Paris verschärften sich kürzlich durch die Ermordung eines französischen Geschichtslehrers, der von einem mutmaßlichen Islamisten wegen der Verwendung von Mohammed-Karikaturen enthauptet worden war. Macron hatte anschließend angekündigt, die Maßnahmen gegen den konservativen Islam zu verstärken, der die Werte Frankreichs zu untergraben drohe. Zugleich stellte er sich hinter die Verwendung der Karikaturen. Macron hatte zudem erklärt, er werde den "islamistischen Separatismus" bekämpfen, der die Kontrolle in einigen muslimischen Gemeinden in Frankreich zu übernehmen drohe.

Erdogan warf Macron eine Anti-Islam-Agenda vor und stieß damit auf Zustimmung in anderen Ländern: Pakistan bestellte am Montag den französischen Botschafter ein und sprach von einer islamfeindlichen Kampagne unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. In Bangladesch zeigten Demonstranten ein Banner mit einer Karikatur des französischen Präsidenten und den Worten "Macron ist der Feind des Friedens".

Macron verteidigte seine Position. Frankreich respektiere alle Unterschiede im Geiste des Friedens, schrieb er auf Twitter. Er erklärte aber zugleich: "Wir werden nicht nachgeben, niemals." Die Bundesregierung stellte sich hinter Macron. Außenminister Heiko Maas sagte: "Wir stehen solidarisch an der Seite Frankreichs". Erdogans persönlichen Angriffe gegen Macron "sind ein neuer Tiefpunkt und sind auch völlig inakzeptabel".

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