Erste Unionspolitiker sehen deutsch-französische EU-Pläne kritisch

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - In der Unionsfraktion regt sich Widerstand gegen den von Deutschland und Frankreich vorgeschlagenen milliardenschweren Wiederaufbaufonds für von der Corona-Pandemie besonders stark betroffene EU-Staaten.

"Wir sind von dem Vorstoß total überrascht", sagte der CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir müssen sehr kritisch prüfen, ob damit nicht durch die Hintertür eine gesamtschuldnerische Haftung eingeführt werden soll", fügte er mit Blick auf den Vorschlag zu, dass die EU-Kommission die 500 Milliarden Euro durch die Begebung von Anleihen aufbringen soll. Der Bundestag muss diesem Plan zustimmen, weshalb eine Mehrheit der Regierungsfraktionen nötig ist.

"Ich halte das für falsch", sagte der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch zu Reuters, der bereits seine Ablehnung ankündigte. "Zwar bedeutet der Plan keine gesamtschuldnerische Haftung, sondern ein quotale Haftung gemäß des Anteils an der EU-Wirtschaftskraft", sagte er. "Die Schaffung einer eigenständigen Verschuldungsoption der EU öffnet aber die Büchse der Pandora. Dies halte ich für grundfalsch und trage es deshalb nicht mit." Am Montagabend hatten sich der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Andreas Jung und der haushaltspolitische Sprecher Eckhardt Rehberg (CDU) hinter den deutsch-französischen Vorschlag gestellt.

Scharfe Kritik kommt von der AfD. "Noch schneller als befürchtet ist die Kanzlerin wieder vor den Begehrlichkeiten Frankreichs und der überschuldeten Süd-Staaten in die Knie gegangen", sagte AfD-Fraktionschefin Alice Weidel zu Reuters. Der Wiederaufbaufonds sei nichts anderes als die Vergemeinschaftung von Staatsschulden über Eurobonds in etwas anderer Verpackung. "Eurobonds sind Eurobonds, auch wenn die EU-Kommission sie aufnimmt", sagte Weidel. "Das ist ein Dammbruch, der das geltende Recht auf den Kopf stellt."

Teilweise Unterstützung kommt dagegen von den Linken. "Der Vorschlag von Merkel und Macron ist ein Schritt in Richtung von Eurobonds und damit einer solidarischen Bewältigung der wirtschaftspolitischen Herausforderungen in der EU", sagte Linken-Chef Bernd Riexinger zu Reuters. Aber es sei unklar, ob das Geld eingesetzt werde, "um Arbeitsplätze zu sichern, die Infrastruktur zu stärken und den sozial-ökologischen Umbau voranzutreiben".

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