EU-Kommission stellt Polen Ultimatum in Streit über Disziplinarkammer

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Brüssel (Reuters) - Im Streit über das neue Disziplinarrecht für Richter in Polen hat die EU-Kommission der Regierung in Warschau ein Ultimatum gestellt.

Wenn diese nicht bis zum 16. August ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umsetze, würden Geldstrafen fällig, erklärte Kommissions-Vizepräsidentin Vera Jourova am Dienstag. Man habe Polen in einem Brief um eine Bestätigung gebeten, dass den Vorgaben des Gerichts "vollständig nachgekommen" werde. Über die Höhe einer etwaigen Strafe würde demnach das EuGH entscheiden. Eine Stellungnahme aus Warschau lag zunächst nicht vor.

Die Disziplinarkammer war von der Regierung der nationalistischen PiS-Partei als Teil einer umstrittenen Justizreform eingeführt worden. Das EuGH befand am 15. Juli, dass das neue Recht nicht alle Ansprüche an die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Richtern erfülle. Diese seien insbesondere nicht vor dem Einfluss der Regierung oder des Parlaments geschützt. Polens Oberstes Gericht befand jedoch alle einstweiligen Anordnungen des EuGH als verfassungswidrig und dass Polen ihnen daher nicht Folge leisten solle. Damit werden nationale Gesetze vor europäische gestellt, ein Verstoß gegen einen zentralen EU-Grundsatz.

Die EU-Kommission kritisierte am Dienstag zudem in ihrem Bericht zur Rechtsstaatlichkeit die Entwicklung in Polen und Ungarn. In beiden Staaten werde die Medienvielfalt und die Unabhängigkeit der Gerichte untergraben, hieß es. Auch hierzu lagen zunächst keine Stellungnahmen vor. Beiden Staaten droht eine Kürzung der EU-Gelder. Die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, verwies Mitte Juni in einem Interview der Thomson Reuters Foundation auf das Vorgehen gegen Regionen in Polen, die sich zu sogenannten "LGBT-freie" Zonen erklärt hatten. Die EU hatte bei einigen polnischen Städten Gelder zurückgehalten. Auch Ungarn wird vorgeworfen, Homosexuelle zu diskriminieren. Regierungschef Viktor Orban hat dies zurückgewiesen.

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