EU-Länder wollen Unternehmen zu mehr Steuertransparenz verpflichten

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - Die EU-Staaten haben sich nach jahrelangen Verhandlungen hinter Vorschläge der Europäischen Kommission für mehr Steuertransparenz großer Konzerne gestellt.

Im Rat für Wettbewerbsfähigkeit gab es dafür am Donnerstag bei einer Videokonferenz eine ausreichende Mehrheit, die nun noch formal bestätigt werden muss. Deutschland enthielt sich, weil sich SPD und CDU/CSU nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von einem wichtigen Schritt, um Gewinnverlagerungen in Steueroasen besser nachvollziehen zu können. Die Industrie warnte vor Wettbewerbsnachteilen für europäische Firmen.

"Mit der Entscheidung von heute ist klar, dass sich multinationale Konzerne nicht mehr verstecken können", sagte Scholz. "Künftig sollen Berichte öffentlich einsehbar sein, wo die Multis wie viel Steuern zahlen." Transparenz helfe im Kampf gegen Steuervermeidung. "Als nächster Schritt muss es jetzt eine Einigung mit dem EU-Parlament geben, damit die Berichte rasch öffentlich werden." Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) äußerte sich ähnlich: "Aggressive Steuertricks, mit denen Gewinne künstlich in Niedrigsteuerländer verlagert werden, dürfen wir nicht einfach hinnehmen." Die Öffentlichkeit könne sich künftig selbst ein Bild machen.

Die Pläne der EU-Kommission liegen seit 2016 auf dem Tisch. Bislang fand sich dafür aber nicht die notwendige Mehrheit. Scholz zufolge enthielt sich Deutschland bei der Abstimmung.

Kritik kam vom Industrieverband BDI. Es drohten Nachteile im Wettbewerb. Konkurrenten könnten die Daten nutzen und daraus Rückschlüsse auf Kostenstrukturen, Preispolitik und Gewinnmargen ziehen, so BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Der Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi konterte, gerade Digitalkonzerne wie Amazon seien in der Coronavirus-Krise noch mächtiger geworden, weswegen Transparenz bei ihren Steuerzahlungen überfällig sei.

Ein Sprecher des CDU-geführten Wirtschaftsministeriums sagte, es werde bereits im Rahmen der Industriestaaten-Gruppe OECD für Transparenz gesorgt. "Wir haben auch Vertrauen in die Finanzbehörden, dass sie diese Informationen nutzen." 84 Länder würden sich daran beteiligen, darunter die USA, China, Liechtenstein, Panama, Monaco und die Cayman Islands. "Das ist ein großer Erfolg." Dieses System könnte durch die EU-Initiative infrage gestellt werden. "Hier besteht die Gefahr, dass unsere Finanzbehörden am Ende weniger Informationen als vorher haben."

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