Exit vom Italexit?

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Manche Börsenreaktionen sind logisch nicht nachvollziehbar. Nachdem die italienische Regierungsbildung aus Lega und Fünf Sterne zunächst geplatzt war, brach der Euro ein, schossen die Zinsen für italienische Staatsanleihen in die Höhe und fielen die Aktien. Aber warum? Eigentlich war das Schlimmste ja zunächst abgewendet. Eine Regierung aus zwei populistischen Parteien vom extrem linken und rechten Spektrum war verhindert worden. Zunächst hätte es eine Übergangsregierung unter dem Ökonomen Carlo Cotarelli gegeben, bis frühestens im Herbst Neuwahlen stattgefunden hätten.

Werben für Vernunft bekommt keine Chance

Dass die Märkte in den Krisenmodus schalteten, wurde damit begründet, dass bei Neuwahlen die Wahl zugleich eine Abstimmung über den Euro geworden wäre und die Populisten womöglich noch dazu gewonnen hätten. Aber so hätte es nicht kommen müssen. Politik ist schnelllebig, besonders in Italien. Die Zeit bis zu den Neuwahlen hätte genutzt werden können, um die Stimmung im Land zu drehen. Die drängenden Probleme sind dort zum einen die Flüchtlinge, wo Italien sich allein gelassen fühlt und die wirtschaftliche Situation im Süden. Die gemäßigten politischen Kräfte in Italien hätten mit Unterstützung durch die EU hier für kurzfristige Linderung sorgen können.

Die Person des Wirtschaftsministers ändert nicht das Parteiprogramm

Eine Übergangsregierung wird es nun aber nicht geben und damit auch nicht die Chance bei Neuwahlen, das Blatt nochmal zu wenden. Staatspräsident Sergio Mattarella hatte die Vereidigung der Regierung zunächst abgelehnt, weil der Eurogegner Paolo Savona Wirtschaftsminister werden sollte. Der hatte in seinem letzten Buch geschrieben, dass Deutschland Europa nun wirtschaftlich dominieren wolle, nachdem es militärisch mit dem Zweiten Weltkrieg nicht geklappt habe. Auf Savona wird nun verzichtet, so dass Mattarella einer Regierungsbildung seine Zusage erteilen wird. Das mag im Sinne der Demokratie sein, für die Märkte bleibt Italien damit aber ein Stolperstein. Denn die Parteien und ihre Wahlversprechen bleiben die gleichen auch ohne einen Wirtschaftsminister Savona.

Märkte schalten in Eurokrisen-Modus

Die Märkte reagierten auf die Regierungsbildung jedenfalls zunächst mit Entspannung. Es muss nun abgewartet werden, wie viel Wahlkampfgetöse war, und was von Italiens neuer Regierung tatsächlich umgesetzt und in Richtung Brüssel gefordert wird. Wird jede Forderung verbunden mit der Drohung, sonst den Euro zu verlassen, dürfte es turbulent werden. Lange hatten die Märkte die Vorgänge in Italien ignoriert, jetzt allerdings ist wieder ins Bewusstsein gerückt, zu welchen Turbulenzen eine Eurokrise an den Märkten führen kann. Plötzlich fielen der DAX und der Euro wieder gleichzeitig, nachdem Deutschlands Leitindex die Tage und Wochen zuvor auf einen sinkenden Euro mit Kursgewinnen reagiert hatte. Und diese Reaktion war durchaus logisch. Denn Italien ist knapp zehn Mal so groß wie Griechenland. Hier wird eine Rettung bedeutend schwieriger.

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