EY-Partner: Hinweise auf Probleme bei Wirecard nicht aufgegriffen

dpa-AFX · Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Im Bilanzskandal um den früheren Dax -Konzern Wirecard gab es nach Angaben eines Partners des Wirtschaftsprüfers EY schon Jahre vor der Insolvenz Hinweise auf Unregelmäßigkeiten. Er habe im Zusammenhang mit dem Wirecard-Geschäft in Indien "red flags" gesehen, also dubiose Hinweise auf Ungereimtheiten, sagte der Forensiker des langjährigen Wirecard-Prüfers am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestages. Er habe auf diese Hinweise aufmerksam gemacht, die Abschlussprüfer seien jedoch nicht darauf eingegangen und hätten die Jahresabschlüsse trotzdem testiert.

Forensiker sind Prüfer, die mit kriminalistischen Methoden arbeiten. Die "red flags" seien im Zuge einer Sonderprüfung zum Indien-Geschäft aufgetaucht, sagte der 45-Jährige aus. Da er nicht als Wirtschaftsprüfer im eigentlichen Sinne tätig gewesen sei, könne er nicht bewerten, ob seine Hinweise für ein Einschreiten ausgereicht hätten oder nicht.

Nach Ansicht des Grünen-Finanzpolitikers Danyal Bayaz belastete der Forensiker seine Prüfer-Kollegen von EY mit dieser Aussage schwer. "Es gibt starke Indizien, dass Risiken nicht ausreichend benannt und angemessen bewertet wurden", erklärte er. Die Testate der Wirtschaftsprüfer von EY wirkten nun "noch fragwürdiger als es eh schon der Fall war".

Der Fall Wirecard ist der wohl größte Bilanzskandal der deutschen Nachkriegszeit: Ein mutmaßlicher Milliardenbetrug mit Schaden für Tausende Kleinanleger. Vor der Insolvenz im Juni 2020 hatten Prüfer von EY jahrelang Wirecard-Bilanzen abgesegnet und sind nun mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genau genug hingeschaut zu haben. Im Sommer räumte Wirecard ein Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro ein. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies./jjk/tam/DP/he

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