Finanztransaktionssteuer: Laut Scholz geht es jetzt in den „Schlusspurt“ – Weiter scharfe Kritik – „Etikettenschwindel“ und „klares 1:0 der Finanzbranche“

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Bundesfinanzminister Olaf Scholz rechnet mit Einnahmen von anfänglich rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr aus der geplanten Finanztransaktionssteuer.

Die Verhandlungen zur Einführung einer solchen Steuer seien auf europäischer Ebene gut vorangekommen und stünden kurz vor dem Abschluss, teilte das Finanzministerium am Dienstag mit. „Das ist jetzt nach vielen Jahren so weit vorangeschritten, dass wir davon ausgehen können, dass dort bald eine Verständigung möglich wird“, sagte Scholz am Dienstag in Berlin. Er habe den anderen Finanzministern einen Vorschlag geschickt. „Da wird jetzt drüber nachgedacht werden können. Aus meiner Sicht heißt das, dass wir jetzt am Ende der Kurve sind und den Schlussspurt einlegen können“, betonte er. Der Vorschlag orientiere sich am französischen Modell, sagte Scholz. Er lasse zudem Handlungsspielraum für weitergehende nationale Regelungen: „Einzelne Länder werden sicher mehr machen, das bleibt auch zulässig.“

Einen erheblichen Teil der Einnahmen will der SPD-Politiker Scholz zur Finanzierung der Grundrente verwenden, die die große Koalition beschlossen hat und 2021 einführen will. Mit ihr sollen Menschen bessergestellt werden, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben, aber trotzdem nur eine Mini-Rente bekommen. Bisherigen Angaben zufolge wird dafür mit Kosten von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet, mindestens eine Milliarde davon soll durch die Transaktionssteuer finanziert werden.

Die Steuer in Höhe von 0,2 Prozent des Geschäftswerts soll zunächst in zehn Ländern auf Aktienkäufe eingeführt werden und nur für Papiere von Unternehmen gelten, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. In Deutschland sind das 145 Konzerne, in den zehn Staaten zusammen über 500. Neben Deutschland machen auch Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei mit.

Scharfe Kritik wegen Nichtbeachtung der Derivate

Kritiker bemängeln, dass nur Aktiengeschäfte erfasst werden. Das habe nichts mit der ursprünglichen Idee zu tun, sagte der Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi. „Über 90 Prozent der Finanztransaktionen – darunter Derivate auf Rohstoffe oder Indizes – sind ausgenommen. Der Hochfrequenzhandel wird damit nicht eingeschränkt.“ Ähnlich argumentierte der Finanzexperte Gerhard Schick, der von einem Etikettenschwindel spricht. „Das ist reine Symbolpolitik.“ Es gebe zu viele Ausnahmen. „Das ist ein klares 1:0 der Finanzbranche, die alles daran gesetzt hat, die Finanztransaktionssteuer zu verhindern.“

Kritik kam auch aus der FDP: Die Pläne träfen nicht Spekulanten. „Betroffen sind aber ganz normale Kleinsparer, die Geld etwa für die Altersvorsorge oder ihre Kinder anlegen“, so FDP-Experte Florian Toncar zur Nachrichtenagentur Reuters. „Auch Lebensversicherungen und Versorgungswerke, die sich um die Altersvorsorge von Millionen Menschen kümmern, werden die Steuer zahlen.“ Die Einnahmen würden zudem auf alle teilnehmenden Länder verteilt. „Das bedeutet, dass die Einnahmen, die diese Steuer in Deutschland bringt, gar nicht alle beim deutschen Finanzminister landen werden.“

Seit 2011 gibt es auf EU-Ebene Verhandlungen zur Finanztransaktionssteuer. Scholz hat den europäischen Partnern bei diesem Vorhaben am Montag einen Richtlinientext zugeschickt. Ein konkreter Gesetzentwurf wird momentan noch erarbeitet.

(onvista/dpa-AFX/reuters)

Titelfoto: Alexandros Michailidis / Shutterstock.com

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