Gericht verdonnert Santander zu Millionenzahlung an UniCredit-Chef

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Madrid (Reuters) - Ein spanisches Gericht hat die heimische Großbank Santander zur Zahlung einer zweistelligen Millionen-Entschädigung an den Banker und jetzigen UniCredit-Chef Andrea Orcel verdonnert.

Insgesamt muss Santander an Orcel 67,8 Millionen Euro Entschädigung zahlen, wie ein Gericht in Madrid in seinem am Freitag veröffentlichten Urteil anordnete. Grund des Rechstsstreits war die Entscheidung von Santander vor einigen Jahren, die geplante Ernennung Orcels zum Konzernchef platzen zu lassen, weil man sich nicht auf sein Gehaltspaket einigen konnte. Die Richter entschieden nun, das damalige Angebotsschreiben an Orcel sei ein verbindlicher Vertrag gewesen. Orcel stehe deshalb die Entschädigung zu.

"Der Vertrag wurde von der Banco Santander einseitig und willkürlich zurückgenommen", hieß es in dem Urteil. Das Finanzinstitut kündigte an, in Berufung zu gehen. Das Anwaltsteam von Orcel lehnte eine Stellungnahme zu dem Richterspruch ab. Orcel hatte zunächst von Santander bis zu 112 Millionen Euro an Kompensation für ausgefallene Löhne sowie Boni seines früheren Arbeitgebers UBS gefordert. Zuletzt verlangte er aber nicht mehr, dass Santander ihn einstellt. Das liegt allerdings auf der Hand, denn seit Mitte April ist Orcel Vorstandschef bei der italienischen UniCredit. Laut Insidern, Gerichtsdokumenten und einem Anwalt von Santander hatte er seine Forderungen auf 66 bis 76 Millionen Euro gesenkt.

Santander argumentierte in dem Verfahren, das vierseitige Angebotsschreiben vom September 2018 sei nur ein unverbindliches erstes Angebot gewesen. Die Großbank hatte schließlich das Versprechen zurückgezogen, Orcel bis zu 35 Millionen Euro eines 55-Millionen-Euro-Pakets zu zahlen, das er von seinem früheren Arbeitgeber UBS in der Zukunft erhalten hätte. Orcel hatte mit seinem Abgang als Leiter des Investmentbanking der UBS ein umfangreiches Vergütungspaket des Schweizer Bankkonzerns verloren.

GEHALT VON ORCEL AUCH THEMA BEI UNICREDIT-HAUPTVERSAMMLUNG

In dem Prozess in Madrid waren auch Santander-Verwaltungsratschefin Ana Botin und UBS-Verwaltungsratchef Axel Weber aufgetreten. Orcel und Botin hatten jahrelang eng zusammengearbeitet. Er tütete für die spanische Bank Übernahmen im Ausland ein und half dem Institut zu einem der größten Geldhäuser Europas aufzusteigen. Ein öffentlich ausgetragener Streit um einen Spitzenjob in der Finanzbranche ist ungewöhnlich. Der Rechtsstreit erregt deshalb viel Aufmerksamkeit in der Bankenbranche.

Orcel war wegen seiner Gehaltsvorstellungen auch bei seinem neuen Arbeitgeber UniCredit angeeckt. Nur dank der Zustimmung italienischer Stiftungen hatte er Mitte April bei der UniCredit-Hauptversammlung mit 54 Prozent knapp die nötige Mehrheit für seine Vergütung bekommen. Orcel winken bei UniCredit bis zu 7,5 Millionen Euro im Jahr - doppelt so viel wie seinem Vorgänger Jean Pierre Mustier. Die beiden Vermögensverwalter Blackrock und Allianz Global Investors hatten jeweils dagegen gestimmt.

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