Immer wieder Italien

Jessica Schwarzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Italien ist und bleibt das Sorgenkind der Europäischen Union. Auf den Haushaltsstreit mit Brüssel folgt nur eine Regierungskrise. Die Finanzmärkte reagieren verunsichert. Zu Recht?

Mit dem Ausbruch der Regierungskrise in Italien wächst an den Finanzmärkten die Angst vor einer neuen Krise in der Eurozone. Vizepremier Matteo Salvini (Lega Nord) stellt offen die Koalition in Frage und fordert Neuwahlen. Für Investoren ein politisches Risiko. Die Reaktion folgte prompt. Am Anleihemarkt kam es zum Ausverkauf. Die Rendite zehnjährige, italienischer Staatsanleihen stieg binnen weniger Tage von 1,4 auf zeitweise fast 1,8 Prozent. Auch an den Aktienmärkten gerieten die Kurse weiter unter Druck. Wie gefährlich ist die Krise im südeuropäischen Urlaubsparadies? Kehrt die Eurokrise zurück?

Politische Börsen haben bekanntlich kurze Beine. Das besagt zumindest eine alte Börsenweisheit. Und sie stimmt auch. Politische Wahlen und Entscheidungen beeinflussen die Kurse an den Finanzmärkten in der Regel nur kurz, langfristig sind Fundamentaldaten, Zahlen aus den Unternehmen und natürlich die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend. Denn es gibt nur wenige Regierungswechsel oder eben Gesetze, die die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig beeinflussen. Das war so und das ist so.

Das Problem ist allerdings, dass sich die „politischen Börsen“ in einer ganz neuen Geschwindigkeit aneinanderreihen. Nach dem dauerpolternden US-Präsidenten Donald Trump, den Handelsstreitigkeiten, drohenden Handels- und mittlerweile sogar Währungskriegen nun also Italien. Schon wieder Italien. Dabei schien der Haushaltsstreit mit der Europäischen Union doch erstmal ausgestanden, zumindest mit Blick auf die kommenden Monate. Doch mit der Forderungen  nach Neuwahlen werden die Karten neu gemischt.

Eine neue Eurokrise ist aktuell eher unwahrscheinlich

Dass Europa aber auf eine neue Krise zusteuert, ist eher unwahrscheinlich. Auch die Finanzmarktstabilität ist derzeit nicht in Gefahr. Das hat mehrere Gründe. Zum Einen wird die EZB das nicht zulassen und zum Anderen ist die Lage heute eine andere als zu Hochzeiten der europäischen Schuldenkrise. Die italienischen Banken beispielsweise stehen heute besser da, als noch vor einigen Jahren. Sie haben die faulen Kredite in ihren Büchern deutlich reduziert. Lag die Quote ausfallgefährdeter Kredite Anfang 2017 noch bei 16 Prozent, sind aktuell nur noch 8,9 Prozent aller Kredite ausfallgefährdet.

Die italienischen Staatsschulden sind zwar nach wie vor gigantisch – die Verschuldung des Landes ist die zweithöchste in der Euro-Zone. Aber angesichts der sehr niedrigen Zinsen ist sie tragbar. Das Land ist zwar mit mehr als 130 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet, die Zinsen dafür liegen aber im Schnitt bei knapp unter drei Prozent. Die erwartete, erneute Lockerung der Geldpolitik der EZB samt neuer Anleihekäufe, dürfte für weitere Entspannung sorgen.

Nichtsdestotrotz muss Italien dringend seinen Haushalt und seine Staatsschulden sanieren. Bis Oktober muss die Regierung der EU-Kommission ihren Haushalt 2020 vorlegen. Das könnte Mitten im Wahlkampf sein. Die EU verlangt Zusagen, dass das Budget nicht gegen die EU-Regeln verstößt. Das Land hatte sich im Streit mit der EU-Kommission zu einer Erhöhung der Mehrwertsteuer verpflichtet, sollten andere Maßnahmen zur Eindämmung des Defizits nicht greifen. Kein schönes Wahlkampfthema. Salvini plant allerdings Steuersenkungen in Milliardenhöhe. Damit wäre beim Wähler eher zu punkten, nicht aber bei der EU. Auch vor diesem Hintergrund ist der Ausgang möglicher Neuwahlen spannend, und sorgt für Verunsicherung an den Finanzmärkten.

Die Angst vor einer neuen Eurokrise ist aber übertrieben. Übrigens sieht das im Grunde auch der Kapitalmarkt so: In der Eurokrise verlangten Investoren deutlich höhere Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen als heute.

Foto: ESB Professional / Shutterstock.com

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