Indien drittes Land mit mehr als einer Million Corona-Fällen

Reuters · Uhr

Mumbai/Rio de Janeiro (Reuters) - Indien meldet nach den USA und Brasilien als drittes Land mehr als eine Million festgestellte Corona-Infektionen.

Das Virus hat sich in den vergangenen Wochen rasch von den Großstädten aufs Land und in kleinere Städte verbreitet. Am Freitag meldeten die indischen Behörden 34.956 Neuinfektionen. Damit stieg die Zahl der nachgewiesenen Fälle binnen 24 Stunden auf 1.003.832. Bislang starben nach offiziellen Angaben 25.602 Menschen an oder mit dem Virus. Experten befürchten, dass Indien der Höhepunkt noch bevorsteht. Mit einer Million Ansteckungsfällen stehe das Land gemessen an seinen 1,3 Milliarden Einwohnern noch vergleichsweise gut da, sagen Experten. In den USA gibt es mehr als 3,6 Millionen Infektionen, in Brasilien wurde am Donnerstag die Marke von zwei Millionen nachgewiesenen Fällen überschritten - und diese Länder haben weniger als ein Drittel der Einwohnerzahl Indiens.

In Indien dürfte die Infektionszahl noch deutlich steigen. "In den kommenden Monaten werden wir mehr und mehr Fälle sehen, und das ist die natürliche Entwicklung jeder Pandemie", sagte Giridhar Babu, Epidemiologe der Stiftung Öffentliche Gesundheit in Indien. Das Ziel müsse es sein, die Sterblichkeitsrate zu senken. Entscheidend sei, dass der Staat für ausreichend Krankenhausbetten sorge. Doch die vergangenen vier Monate haben die Lücken in Indiens Gesundheitssystem offenbart - es ist eines der am schlechtesten finanzierten, seit Jahren mangelt es an Ärzten und Krankenhausbetten.

Dass die Ansteckungszahlen so rasch steigen, liegt zum einen daran, dass immer mehr getestet wird. Zum anderen tun sich die Behörden schwer, die im März verhängten Beschränkungen durchzusetzen und die Menschen dazu zu bringen, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Millionen Wanderarbeiter haben sich zu Fuß auf den Weg nach Hause gemacht. Epidemiologe Babu rechnet damit, dass es in Indien keinen steilen Höhepunkt und Rückgang der Infektionszahlen geben wird. "Die Wellen verschieben sich von einem Ort zum anderen." Man könne nicht von einem Höhepunkt für das gesamte Land sprechen. "In Indien wird es für einige Zeit ein anhaltendes Niveau geben, und dann wird es sinken."

ÜBER ZWEI MILLIONEN INFEKTIONSFÄLLE IN BRASILIEN

Brasilien erlebt derzeit einen sehr raschen Anstieg der Infektionszahlen. Vom Überschreiten der Eine-Million-Marke bis zur Verdopplung der Zahlen vergingen nur 27 Tage. Zum Vergleich: In den USA dauerte es 43 Tage, bis aus einer Million zwei Millionen bestätigte Infektionsfälle wurden. Dort schwächte sich die Verbreitung im Mai ab und beschleunigte sich im Juni wieder.

In Brasilien kamen in den vergangenen Wochen laut Regierung täglich fast 40.000 Neuinfektionen hinzu. Und das sind nur die bestätigten Fälle. Experten schätzen, dass die tatsächliche Zahl in dem Land mit seinen rund 210 Millionen Einwohnern weitaus höher ist. Am Donnerstag wurden 2.012.151 Infektions- und 76.688 Todesfälle gemeldet. Trotz der raschen Ausbreitung dringt Präsident Jair Bolsonaro, der die Pandemie als "kleine Grippe" abgetan hat und vergangene Woche selbst positiv getestet wurde, auf eine Lockerung der Beschränkungen. Viele Gouverneure und Bürgermeister beugten sich in den vergangenen Wochen dem Druck, mit dem Ergebnis weiterer Corona-Ausbrüche.

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