Investitionen, Energie-Umbau, EU-Zusammenhalt - Startschuss der Ampel

Reuters · Uhr

- von Andreas Rinke und Alexander Ratz und Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Die Bildung der ersten Ampel-Regierung im Bund ist abgeschlossen: Am Dienstag unterzeichneten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP den Koalitionsvertrag.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz unterstrichen der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD), sein künftiger Vizekanzler Robert Habeck sowie der künftige Finanzminister Christian Lindner, dass sie nicht nur für vier Jahre eine Regierung bilden wollten. Er wünsche sich, dass die drei Parteien bei der nächsten Bundestagswahl gemeinsam wiedergewählt würden, sagte Scholz. Priorität noch vor der Abarbeitung der Vorhaben im Koalitionsvertrag habe die Bewältigung der Corona-Pandemie, betonten alle drei.

Sowohl FDP-Chef Lindner als auch der designierte Klima- und Wirtschaftsminister Habeck hoben die Gemeinsamkeiten hervor. Er werde ein "Ermöglichungsministerium" führen, kündigte Lindner mit Blick auf sein Ressort an. Die mehr als 50 Milliarden Euro ungenutzter Kredite im Klima- und Transformationsfonds in diesem Jahr will er als Puffer ins kommende Jahr übertragen. 2023 will er die Schuldenbremse wieder einhalten.

Habeck erklärte, das Ausbautempo der Erneuerbaren Energien müsse sich um das Drei- bis Vierfache beschleunigen. Gleichzeitig warnte er aber vor zu hohen Erwartungen. Man werde in den ersten ein, zwei Jahren der Legislaturperiode den Rückstand aufholen müssen, sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf das Erreichen der von der bisherigen Bundesregierung gesetzten Klimaschutzziele. Erst in zwei, drei Jahren würden sich positive Auswirkungen der angestrebten strukturellen Änderungen zeigen. "Es ist ein Langstreckenlauf."

SCHOLZ BETONT BEDEUTUNG DES EU-ZUSAMMENHALTS

Der künftige Kanzler Scholz kündigte an, als erstes nach seiner Amtsübernahme nach Paris fliegen zu wollen. Er betonte das freundliche Verhältnis Deutschlands zu Polen sowie die gewünschte enge Anlehnung an die USA im Klub der Demokratien. "Deshalb betrachten wir es als wichtige Aufgabe, dass es solche Spaltung nicht geben wird, weder Nord-Süd, noch Ost-West", fügte er auf eine Frage nach der Europapolitik und den EU-Konflikt mit Polen und Ungarn über Rechtsstaatsprinzipien hinzu. Deutschland sei in der EU zu groß, um am Rande zu stehen. Es müsse sich für die EU-Integration engagieren. Habeck sagte, dass viele Minister und Ministerinnen der neuen Regierung in den kommenden Tagen die enge Abstimmung mit den EU-Partnern suchen würden. FDP-Chef Lindner wiederum versuchte Bedenken anderer EU-Regierungen vor einem zu harten Finanzkurs Deutschlands mit ihm als Finanzminister zu zerstreuen. Die nächste Regierung wolle Stabilität und nötige Investitionen in Europa.

Fragen nach seiner außenpolitischen Aufstellung wich Scholz teilweise aus. So ließ er offen, ob er sich als Kanzler dem diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in China wie ihn die USA angekündigt haben, anschließen würde. Besorgt zeigte er sich über die russischen Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine.

TAGE DER AMTSÜBERGABEN IN KANZLERAMT UND MINISTERIEN

Am Mittwoch soll Scholz als Kanzler vereidigt werden. Ebenfalls am Mittwoch und Donnerstag sind dann eine Reihe von Amtsübergaben im Kanzleramt und in Ministerien geplant. Die künftige Regierung und die Ampel-Fraktionen trafen zudem weitere Personalentscheidungen. So wird der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, Ostbeauftragter der Regierung. An seiner Stelle soll die SPD-Politikerin Katja Mast neue Parlamentarische Geschäftsführerin der größten Bundestagsfraktion werden. Die bisherige Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird ihre beiden Staatssekretäre Jochen Flasbarth und Rita-Schwarzelühr-Sutter nach Angaben von "The Pioneer" mit in das Ministerium für wirtschaftlichen Zusammenarbeit nehmen, das sie künftig leitet.

Am Morgen hatten die Spitzen der Ampel den Koalitionsvertrag im Futurium in Berlin unterzeichnet. Dabei betonte Scholz, dass sich in der Ampel drei Parteien zusammenfinden würden, die dem Fortschritt verpflichtet seien. Habeck gab als Ziel aus, das Land auf einen klimaneutralen Kurs bringen zu wollen sowie Wohlstand und Klimaneutralität zu vereinen. "Wir haben gesagt, wir wollen mehr Fortschritt wagen. Ab dieser Woche wollen wir am Fortschritt arbeiten", sagte Lindner.

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